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Ein Jahr flächendeckendes Parkpickerl: Das hat sich in Wien verändert

Parkende Autos aus der Vogelperspektive
© 123rf.com | Ein Jahr flächendeckendes Parkpickerl: Das hat sich verändert

Happy Birthday Parkpickerl! Mit 1. März jährt sich die Einführung des flächendeckenden Parkpickerls zum ersten Mal. Durch die größte Erweiterung in der Geschichte der Stadt wurde das parkraumbewirtschaftete Gebiet mit einem Schlag nahezu verdoppelt und dem Fleckerlteppich ein Ende gesetzt.

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„Wir haben viel versprochen und alles gehalten. Mit der wienweiten Pickerl-Einführung haben wir jede Menge Platz im öffentlichen Raum gewonnen, sowohl den Autopendlerverkehr als auch den Parkplatzsuchverkehr deutlich reduziert und damit einen Meilenstein für den Klimaschutz erreicht. Das zeigen uns auch die Ergebnisse der Evaluierung: Viel weniger Autos ohne Wiener Kennzeichen und eine deutlich spürbare Reduktion der Stellplatzauslastung in den Erweiterungsbezirken, an Hotspots sogar um bis zu 68 %! Damit ist jetzt mehr Platz für Begrünungs- und Entsiegelungsprojekte oder auch für den Radverkehr. Für die Zukunft bedeutet das eine vielversprechende Attraktivierung des öffentlichen Raums und ein großes Plus an Lebensqualität“

so Mobilitätsstadträtin Ulli Sima.

Proaktiver Zugang gegen Dominoeffekt

Ganz klar war, dass nur ein flächendeckendes Parkpickerl für ganz Wien Verdrängungseffekte ausschließen konnte. Denn sobald ein Bezirk ein Pickerl einführt, erfolgt sofort ein „Dominoeffekt“ und der angrenzende Bezirk wird überparkt. „Dies hat die Geschichte der Parkraumbewirtschaftung der letzten Jahrzehnte leidvoll gezeigt und daher war es nur konsequent, das Pickerl endlich auf ganz Wien einheitlich auszuweiten“, so Sima, die sich bei den Bezirken für die so gute und intensive Zusammenarbeit bedankt und anfügt: „Das System ist immer nur so gut wie es auch kontrolliert wird. Vielen Dank an die Mitarbeiter*innen der MA 67!“ Die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung fließen in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs.

„Das flächendeckende Parkpickerl für ganz Wien bereits im ersten Regierungsjahr umzusetzen war ein wichtiger und starker Schritt im Sinne des Klimaschutzes. Die nun vorliegenden Zahlen beweisen dies eindrucksvoll. Seit der Einführung haben wir einerseits mehr Platz im öffentlichen Raum und andererseits auch einen Anreiz geschaffen, auf alternative Mobilitätsformen umzusteigen,“

sagt NEOS Wien Klubobfrau Bettina Emmerling.

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Verdoppelung der Parkpickerl-Flächen

Mit der Einführung des flächendeckenden Parkpickerls wurden auch die Bezirke Floridsdorf, Donaustadt, Liesing und Hietzing in die Parkraumbewirtschaftung integriert, in Simmering wurde nun auch jener Teil hineingenommen, der bislang unbewirtschaftet war und unter großer Überparkung gelitten hat. Mit der Ausweitung im Vorjahr wurden die bewirtschafteten Flächen mit einem Schritt verdoppelt. Zu jedem der Erweiterungsbezirke liegt nun eine Evaluierung der Maßnahmen vor.

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Floridsdorf: 2/3 nicht Wiener-Kennzeichen weniger, bis zu – 68 % Auslastung

Für den 21. Bezirk brachte das Parkpickerl eine Reduktion der abendlichen Stellplatzauslastung in den Erhebungsgebieten von 74,9 % auf 63,8 % (20-22 h). Die morgendliche Auslastung sank sogar deutlicher, von rund 71,7 % auf 52,7 %, ein Rückgang von rund 19 %. An diversen Hotspots im Bezirk ist das Minus zum Teil noch größer: So sank in der Shuttleworthstraße vormittags die Auslastung von 99,9 % auf 63 %, ein Minus von rund 37 %. Rund um den Bahnhof Strebersdorf reduzierte sich die Auslastung noch dramatischer: Um ganze 68,5 %! (98,1 % auf 29,6 %).

Der erhebliche Rückgang der Stellplatzauslastung im Bezirk konnte festgestellt werden, obwohl im Zeitraum der Vorher-Nachher Evaluierung die Bezirksbevölkerung um 5% gewachsen ist. Auch der Anteil an Fahrzeugen ohne Wiener Kennzeichen konnte durch das Parkpickerl drastisch gesenkt werden. Waren es zuvor bis zu 20,3 % der abgestellten Fahrzeuge, sind es nun nur noch 7,5 %. Ein Rückgang von rund zwei Drittel.

Der gewonnene Platz bietet nun viele neue Nutzungsmöglichkeiten für den öffentlichen Raum. Der Bezirk ist in diesem Zusammenhang bereits aktiv geworden und hat unter anderem die umfassende, klimafitte Neugestaltung der Schleifgasse geplant. 18 neue Bäume und zusätzliche Begrünung auf 450 m² Fläche versprechen eine gänzlich neue Aufenthaltsqualität. Auch in der Anton-Böck-Straße ist eine klimafitte Neugestaltung vorgesehen: Gehsteigverbreiterungen, neue Bäume und großzügige Grünflächen sollen die Aufenthaltsqualität vor Ort verbessern. Zusätzliche Begrünung ist zudem in der Siegfriedgasse vorgesehen, neue Bäume verbessern hier künftig das Mikroklima.

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Donaustadt: 70 % weniger Nicht-Wiener-Kennzeichen, bis zu -60 % Auslastung

In der Donaustadt antizipierte man die positiven Auswirkungen der Pickerl-Erweiterung bereits und beschloss die größte Rad-Offensive in der Geschichte des Bezirks, die aktuell bereits voll im Gange ist. Über 16 Kilometer an neuen Verbindungen durch den Bezirk sollen im Zuge der Offensive errichtet werden. Ein Meilenstein für klimafreundliche Mobilität in der Donaustadt.

Die Ergebnisse der Evaluierung bestätigen die mutige Vorgangsweise:  Die Stellplatzauslastung im Bezirk sank an Hotspots wie etwa der Industriestraße/Lange Allee vormittags um rund 53 %, von 101,7 % auf 48,3 %. In Kaisermühlen brachte das Pickerl eine Reduktion von 100 % auf 62,7 %.

Im Schnitt der erhobenen Gebiete, fiel vormittags die Auslastung der Stellplätze von 76,1 % in der Vorher-Untersuchung auf 62,3 % nach der Einführung des Parkpickerls. Ein Rückgang von rund 14 %. Dabei ist anzumerken, dass der Verzicht auf eine Pickerl-Einführung die Stellplatzsituation nochmals deutlich verschärft hätte, das bestätigt sich aus Erfahrungen vorangegangener Ausweitungen. Einem Verdrängungseffekt konnte vorgebeugt werden und im Gegenzug noch deutlich mehr Fläche im öffentlichen Raum gewonnen werden.

Der Anteil der Nicht-Wiener-Kennzeichen sank von Spitzenwerten jenseits der 20 % auf 6,2 %. Eine Reduktion um rund 70 %.

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Liesing: 89 % weniger Autos mit Nicht-Wiener Kennzeichen

Auch in Liesing werden die positiven Auswirkungen der Pickerl-Einführung sichtbar. Wurde in der Vorher-Untersuchung am Vormittag von Werktagen noch eine Stellplatzauslastung von 76,1 % festgestellt, ist dieser Wert nun auf 58,2 % gesunken. Damit brachte die Parkraumbewirtschaftung vormittags rund 18% weniger Stellplatzauslastung in den untersuchten Gebieten. In den einzelnen Hotspots ist der Auslastungsrückgang zum Teil noch wesentlich höher: In Siebenhirten etwa brachte die Einführung ein Minus von über 40 %, die Auslastung fiel vormittags von 96,6 % auf 55,9 %. Auch in Alt Erlaa sank die Verparkung um deutliche 32 %, die Auslastung ging hier abends von 98,2 % auf 66 % zurück.

Besonders bemerkenswert ist in Liesing der Rückgang des Anteils an Fahrzeugen mit Nicht-Wiener-Kennzeichen. Machten diese in der Vorher-Untersuchung noch einen Anteil von rund 37 % der belegten Stellplätze aus, sind es jetzt nur mehr 4 %. Das entspricht einer Verringerung um 89 %!

Um die gewonnenen Flächen nun zu nutzen, startete der Bezirk mit der Agenda 21/23 einen partizipativen Prozess mit der Möglichkeit für Bürger*innen Umgestaltungsideen für den gesamten Bezirk einzumelden. Außerdem wurde die MA18 mit der Ausarbeitung eines übergeordneten Radwegekonzepts für Liesing beauftragt.

Bereits umgesetzt wurde ein neuer Zwei-Richtungs-Radweg zu Erschließung des Stadterweiterungsgebiets Carree Atzgersdorf, samt einer neu angelegten Baumallee und 400 m² entsiegelter Fläche in der Atzgersdorfer Straße.

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Hietzing: 4 von 5 Nicht-Wiener Pkw sind weg

Ein vergleichbares Bild zeigt sich auch im 13. Bezirk. Die Auslastung in den untersuchten Gebieten sank abends um über 16 %.

Die Vorher-Untersuchung ergab eine Auslastung der Stellplätze von 77,5 %, nach Einführung der Parkraumbewirtschaftung liegt dieser Wert nur mehr bei 61,3 %. Merkliche Verbesserungen sind auch in den einzelnen Hotspots zu beobachten: Beispielsweise in Ober St.Veit, wo sich die Verparkung von 99,2 % auf 70,8 % reduzierte, das entspricht einer Verringerung von über 28 %.

Vor der Einführung war ein Fünftel der Stellplätze von Fahrzeugen mit Nicht-Wiener-Kennzeichen belegt, jetzt sind es nur mehr 4 %. 4 von 5 parkenden Fahrzeugen ohne Wiener Kennzeichen sind damit aus dem öffentlichen Raum verschwunden. Das bedeutet weniger Autopendlerverkehr und weniger Stellplatzsuchverkehr und unterstreicht den Erfolg der Maßnahme. Der gewonnene Platz soll auch in Hietzing genutzt werden: So soll etwa die Altgasse im Zentrum Hietzings neugestaltet werden. Zurzeit läuft auf Basis der Ergebnisse der Bürgerbeteiligung die Planung des Projekts. Auch weitere Umgestaltungen sind bereits in der Pipeline, etwa die Neugestaltung des Lainzer Platzes.

Kaum Auswirkungen auf Parkgaragen

Während sich in den betroffenen Bezirken nach einem Jahr Parkpickerl eine deutliche Reduktion der Überparkung feststellen lässt, sind die Auswirkungen auf Parkgaragen und Park & Ride Anlagen nicht so eindeutig. Zwar ist die Auslastung gestiegen, ob das jedoch auf das flächendeckende Parkpickerl oder auf das Ende der Covid-19-Lockdowns zurückzuführen ist, ist unklar. 

Einige Betreiber von Parkgaragen und Park & Ride Anlagen verzeichnen einen Anstieg an Dauer- und Kurzparkern an bestimmten Standorten, etwa dort, wo vergünstigte Tagestarife angeboten werden. Besonders in den inneren Bezirken scheint die Nachfrage nach Dauerparkplätzen gestiegen zu sein. Bei der Parkplatzbörse der Stadt Wien spürt man jedoch keine Auswirkungen. 

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