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Arbeitsrechtliche Auswirkungen des Coronavirus: Das müssen Arbeitnehmer wissen

Mann sitzt daheim am Laptop und macht Home Office
© pixabay.com | Viele Menschen werden ins Home Office geschickt - so sieht's rechtlich aus

Kurzzeit, Home Office oder Teleworking? Kann ich wegen der Angst vor dem Coronavirus gekündigt werden? Was Sie nun bezüglich Arbeitsrecht wissen müssen:

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Gehäuft auftretende Infektionen mit dem Coronavirus, sowie damit einhergehende angeordnete behördliche Maßnahmen wie häusliche Quarantäne, Schließung von Schulen etc. und die Einschränkung des täglichen Lebens können dazu führen, dass es – beginnend mit Mitte März – zu Liquiditätsengpässen und Zahlungsverzögerungen kommen kann.

CoVid 19 und Arbeit: Die wichtigsten Antworten auf Arbeitsrechtliche Fragen

Viele Menschen wurden in Kurzarbeit oder Home Office geschickt, andere freigestellt, an das AMS verwiesen. Wiederum anderen müssen nach wie vor jeden Tag den Weg in die Arbeit antreten. Was sollten Sie, als Arbeitnehmer, nun unbedingt über den Virus und seine Auswirkungen auf Ihre Arbeit wissen:

Ist der Arbeitgeber verpflichtet, in seinem Betrieb Vorsorgemaßnahmen zur Vermeidung einer Ansteckung zu treffen?

In Betrieben mit Kundenverkehr in Gebieten mit einer tatsächlichen Ansteckungsgefahr ist der Arbeitgeber verpflichtet, zweckmäßige und geeignete Maßnahmen zur Minimierung der Ansteckungsgefahr zu setzen, um die Arbeitnehmer vor Infektionen zu schützen. Solche Maßnahmen können Hygienemaßnahmen (Handhygiene) sowie das Bereitstellen von Desinfektionsmitteln sein. Die notwendigen Schutz- und Präventionsmaßnahmen bestimmen sich nach dem Infektionsrisiko.

Bei direktem Patientenkontakt (z.B. Gesundheitsberufe) muss persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt werden (Einmalhandschuhe, geeignete Schutzkleidung, Atemschutzmaske, Augen- und Gesichtsschutz) und für eine Unterweisung der Beschäftigten Sorge getragen werden.

Ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber eine Infektion mit dem Coronavirus bekannt zu geben?

Ja, dies ergibt sich aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers und soll dem Arbeitgeber ermöglichen, Vorsorgemaßnahmen zugunsten der Belegschaft treffen zu können.

Darf der Arbeitgeber unabhängig von behördlichen Anordnungen (Quarantäne) die Arbeitnehmer von der Arbeit nach Hause schicken?

Ja, der Arbeitgeber kann auf die Arbeitsleistung verzichten, hat aber den Arbeitnehmern das Entgelt fortzuzahlen, solange er die Arbeitnehmer von der Arbeit freistellt.

Darf der Arbeitnehmer der Arbeit fernbleiben, wenn er sich vor einer Ansteckung fürchtet?

Nein. Ein grundloses einseitiges Fernbleiben von der Arbeit stellt eine Verletzung der Dienstpflichten und in der Regel einen Entlassungsgrund dar. Eine Verweigerung der Arbeitsleistung könnte nur dann gerechtfertigt sein, wenn eine objektiv nachvollziehbare Gefahr bestünde, sich bei der Arbeit mit dem Virus anzustecken. Dies könnte dann gegeben sein, wenn es im unmittelbaren Arbeitsumfeld bereits zu einer Ansteckung mit dem Virus gekommen wäre. Das gilt aber nicht für jene Arbeitnehmer, die berufsmäßig regelmäßig mit Krankheiten zu tun haben, wie etwa bei Tätigkeiten in Spitälern oder Apotheken.

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Darf der Arbeitnehmer fernbleiben, wenn sich sein Wohnort, der Weg zur Arbeit oder der Betrieb in einem Gebiet befindet, für das behördliche Maßnahmen (Quarantäne) angeordnet wurde?

Ja, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der behördlichen Maßnahme nicht zum Arbeitsplatz gelangen kann, ohne gegen diese Anordnung zu verstoßen. Es handelt sich dabei um eine gerechtfertigte Abwesenheit vom Arbeitsplatz mit einer Entgeltfortzahlung für die Dauer der behördlichen Anordnung durch den Arbeitgeber. Der Bund hat dem Arbeitgeber das geleistete Entgelt zu ersetzen. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber unverzüglich seine Verhinderung zu melden.

Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er aufgrund einer behördlich angeordneten Maßnahme (z.B. Quarantäne) seinen Arbeitsplatz nicht erreichen kann? Wird dem Arbeitgeber das fortgezahlte Entgelt ersetzt?

Nach dem Angestelltengesetz (AngG) und dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn sie durch wichtige, ihre Person betreffende Gründe ohne Verschulden während einer kurzen Zeit an der Arbeitsleistung verhindert sind.

Dazu zählen auch öffentliche Pflichten wie eine Quarantäne und dadurch verursachte tatsächliche Hinderungen an der Arbeitsleistung. Nach dem Epidemiegesetz haben Arbeitnehmer, die wegen der ihnen im Einzelfall behördlich angeordneten Quarantäne an der Erbringung der Arbeitsleistung verhindert sind, für die Dauer der Quarantäne Anspruch auf Vergütung des dadurch eingetretenen Verdienstentganges durch den Bund.

Der Arbeitgeber hat das Entgelt vorab aber weiter an den Arbeitnehmer auszuzahlen, der Bund hat dem Arbeitgeber das geleistete Entgelt im Nachhinein zu ersetzen: Der Arbeitgeber kann binnen sechs Wochen ab dem Tag der Aufhebung der Quarantäne bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich die Quarantäne verhängt wurde, das von ihm geleistete Entgelt sowie den darauf entfallenden Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung vom Bund mittels gesondertem Antrag zurückfordern.

Der Kindergarten oder die Schule eines Kindes eines Mitarbeiters wird geschlossen. Darf der Arbeitnehmer zu Hause bleiben? Muss das Entgelt fortgezahlt werden?

Ja, wenn ein persönlicher Dienstverhinderungsgrund vorliegt. Dazu muss die Betreuung des Kindes aufgrund seines Alters (aktuell für Kinder bis 14 Jahre) notwendig sein. Der Arbeitnehmer darf von der Arbeit fernbleiben und hat Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung im Ausmaß einer kurzen Zeit. Die Dauer hängt vom Einzelfall ab (z.B. vom Alter oder Reifegrad des Kindes) und ist mit höchstens einer Woche beschränkt.

Falls seitens des Kindergartens oder der Schule eine Betreuungsmöglichkeit angeboten wird, muss der Arbeitgeber dem Fernbleiben des Arbeitnehmers ausdrücklich zustimmen.

Die Bundesregierung hat am 12.3.2020 angekündigt, Dienstnehmer mit Betreuungspflichten für Kinder unter 14 Jahren für bis zu drei Wochen eine bezahlte „Sonderbetreuungszeit“ zu ermöglichen. Eine solche Maßnahme bedarf einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

In welchen Fällen ist Telearbeit möglich?

Befindet sich im Arbeitsvertrag bereits eine entsprechende Vereinbarung zur Telearbeit oder eine Versetzungsklausel, wonach der Arbeitnehmer auch ohne seine Zustimmung an einen anderen Ort versetzt werden kann, so ist eine Anordnung von Telearbeit durch den Arbeitgeber möglich. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, gibt es darüber hinaus die Möglichkeit, Telearbeit zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber zu vereinbaren.

Darf der Arbeitgeber einseitig Home Office anordnen?

Nein, grundsätzlich muss Home Office zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ausdrücklich vereinbart werden. Eine Anordnung durch den Arbeitgeber ist jedoch möglich, wenn eine diesbezügliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag bereits enthalten ist oder sich darin eine sogenannte Versetzungsklausel findet, wonach man einseitig an einen anderen als den ursprünglich vereinbarten Arbeitsort versetzt werden kann. Der Arbeitgeber hat dann die allenfalls anfallenden Kosten (z.B. für Internet, Handy) zu übernehmen.

Kann Kurzarbeit vereinbart werden?

Kurzarbeit ist die vorübergehende Herabsetzung der Normalarbeitszeit und in der Folge des Arbeitsentgelts wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten. Kurzarbeit hat den Zweck, die Arbeitskosten temporär zu reduzieren und gleichzeitig die Beschäftigten zu halten, die nach Überwindung der Krise wieder benötigt werden. Kurzarbeit wird meist von größeren Produktionsunternehmen praktiziert. Für kleinere Unternehmen bzw. Dienstleistungsbranchen ist Kurzarbeit aufgrund des komplexen Verfahrens weniger praktikabel.

Das AMS ist rechtzeitig – sofern nichts anderes vereinbart wird – 6 Wochen vor dem beabsichtigten Beginn der Kurzarbeit zu kontaktieren. Bevor Kurzarbeit angeordnet werden kann, hat eine Beratung zwischen dem AMS und dem Arbeitgeber unter Beiziehung des Betriebsrates und der in Frage kommenden kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitnehmer und Arbeitgeber stattzufinden. Im Zuge dieser Beratungen ist festzustellen, dass keine anderen Möglichkeiten gefunden wurden, um die Beschäftigungsschwierigkeiten zu lösen (z.B. durch den Abbau von Zeitguthaben oder Alturlauben oder durch den Einsatz alternativer Arbeitszeitmodelle).

Unter bestimmten Voraussetzungen gewährt das AMS dem Arbeitgeber die Kurzarbeitsbeihilfe. Voraussetzungen sind u.a., dass der Arbeitgeber neben dem Entgelt für die herabgesetzte Arbeitszeit dem Arbeitnehmer auch die ausfallende Arbeitszeit zum Teil vergütet (= Kurzarbeitsunterstützung); eine Sozialpartnervereinbarung (Kurzarbeitsunterstützung, Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes, sonstige nähere Bedingungen); eine Betriebsvereinbarung, in Betrieben ohne Betriebsrat Einzelvereinbarungen; die Zustimmung des AMS. Zu beachten ist des Weiteren, dass der Arbeitgeber während einer AMS-seitigen Förderung der Kurzarbeit kein Arbeitsverhältnis kündigen darf, es sei denn, dass das zuständige AMS in besonderen Fällen eine Ausnahme bewilligt.

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Darf der Arbeitnehmer den Antritt einer Dienstreise verweigern, wenn diese in Gefahrengebiete führen würde?

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers umfasst auch die Vorsorge für den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer. Dieser Schutz beinhaltet alle Maßnahmen, die der Verhütung von beruflich bedingten Unfällen und Erkrankungen der Arbeitnehmer dienen. Liegt etwa eine Reisewarnung für ein bestimmtes Gebiet vor, weil dort eine hohe Ansteckungsgefahr besteht, kann der Arbeitnehmer den Antritt der Dienstreise zu Recht verweigern, da die Vornahme dieser Reise zu einer mit einer gewissen und durch die Reisewarnung belegten und objektivierbaren Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens führen kann. Sofern keine Reisewarnung oder eine sonst belegbare hohe Ansteckungsgefahr (z.B. durch Ausrufung des Notstands oder Verhängung der Quarantäne) am Zielort oder auf der Reisestrecke vorliegt, wird eine Verweigerung nicht rechtmäßig sein.

Darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer verbieten, einen Urlaub in gefährdeten Gebieten zu verbringen?

Der Arbeitgeber kann dies dem Arbeitnehmer nicht verbieten. Erkrankt der Arbeitnehmer während seines Urlaubs in einem gefährdeten Gebiet, könnte der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigern, da der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit grob fahrlässig herbeigeführt hat.

Darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer fragen, ob er seinen Urlaub in einem Gebiet mit hoher Ansteckungsgefahr verbracht hat?

Ja, da der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht zum Schutz der anderen Arbeitnehmer geeignete Vorsorgemaßnahmen treffen muss.

Was gilt, wenn der Arbeitnehmer aufgrund bestimmter Vorsorgemaßnahmen im Urlaubsort nicht die Rückreise antreten kann? Ist das ein Grund für eine Entlassung? Hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung?

Eine tatsächliche oder rechtliche Verhinderung der Rückreise stellt einen gerechtfertigten Abwesenheitsgrund von der Arbeit dar, der Arbeitnehmer kann daher nicht entlassen werden. Er hat für eine kurze Zeit (bis zu einer Woche) Anspruch auf Entgeltfortsetzung durch den Arbeitgeber.

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