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Der Tod im digitalen Zeitalter

Dr. Markus Pinter vor der neuen Zentrale der Bestattung Wien, Simmering
© stadt-wien.at | Dr. Markus Pinter, Direktor der Bestattung & Friedhöfe Wien GmbH

Dr. Markus Pinter, Geschäftsführer der B&F Wien - Bestattung und Friedhöfe GmbH, erklärt im Interview mit stadt-wien.at, worauf es bei Bestattungen ankommt und welche Angebote im Internet, von der Verstorbenensuche bis zum Bestattungskonfigurator, zur Verfügung stehen. Außerdem: Ein Blick aus der Sicht des Marktführers auf neue Trends rund um die in Wien sprichwörtlich „scheene Leich'“.

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stadt-wien.at: Was hat Sie zum Bestattungsgewerbe bewogen?

Pinter: Zufall. Ich hatte nie Berührungsängste mit diesem Metier, da meine Eltern aus der Branche kommen und ich sozusagen damit aufgewachsen bin. Dass mich das nach dem Studium beruflich einholt, war nicht geplant, erfüllt mich aber mit großer Freude. Denn es handelt sich um eine Dienstleistung in einem sensiblen Umfeld, in das sowohl gesellschafts- und umweltrelevante Themen als auch kulturhistorische Fragen hineinwirken, die diesen Bereich sehr spannend gestalten.

stadt-wien.at: Seit der Liberalisierung des Bestattungsgewerbes ist die Anzahl der privaten Anbieter gewachsen. Wodurch unterscheidet sich die Bestattung Wien von ihren Mitbewerbern?

Pinter: Wir sind stolz darauf, Marktführer zu sein. Aus meiner Sicht ist das Hauptkriterium für den Kunden nach wie vor Verlässlichkeit und Seriosität. Dazu ist viel Erfahrung vonnöten. Wir bemühen uns sehr, im Detail auf Kundenwünsche einzugehen. Einerseits ist nichts unmöglich, andererseits haben wir eine Preisgestaltung, die seriös und nachvollziehbar ist. Wir verstecken keine Zuschläge hinter vermeintlichen Gratisleistungen. Für uns spricht Vertrauen. stadt-wien.at: Gibt es ein Komplettservice bei der Bestattung Wien? Es geht ja nicht nur um die Durchführung der Totenfeier alleine, sondern in weiterer Folge auch um die Grabgestaltung, Grabsteine oder Grabpflege.

stadt-wien.at: Was hat sich in den letzten Jahren beim Thema Begräbnis geändert?

Pinter: Ein großes Thema ist zweifellos der Trend zur Feuerbestattung...

stadt-wien.at: Warum gibt es diesen Trend zur Feuerbestattung?

Pinter: Dabei wirkt hinein, dass die Kirche, die der Feuerbestattung früher kritisch gegenüber stand, dies nunmehr nicht so sieht. Auch im allgemeinen Bewusstsein findet diese Methode der Bestattung mehr Akzeptanz. Die Feuerbestattung ist eine Voraussetzung für die sogenannten alternativen Bestattungsformen, etwa wenn man in einem Waldfriedhof oder im Urnengarten bestattet oder sich zu einem Diamanten pressen lassen will. Generell gibt es einen großen Trend zur Individualisierung. Dabei geht es darum, die Bestattung der Person des Verstorbenen anzupassen. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Das betrifft auch die Musik in der Aufbahrungshalle, die nicht nur klassisch-religiös sein muss, sondern auch rockig sein kann.

Einen kritischen Punkt möchte ich ansprechen: Für eine Trauerbewältigung ist es wichtig, dass es ein würdiges Begräbnis gibt – und eine Grabstätte, um von einer Person Abschied zu nehmen. Wir möchten im Zuge einer Bewusstseinsbildungskampagne klarmachen, dass man sich damit intensiver auseinandersetzt und den Ruf der Stadt Wien, die für die „schene Leich'“ bekannt ist, in einer modifizierten Form aufrecht zu erhalten.

Das Internet-Angebot der Bestattung Wien

stadt-wien.at: Die Digitalisierung macht auch vor dem Tod nicht halt. Was wird den Hinterbliebenen im Internet geboten?

Pinter: Wir bauen unsere Websites kontinuierlich aus, wollen sie aber dennoch übersichtlich halten. Das hat uns schon viel Zuspruch eingetragen: Einerseits für die Verstorbenensuche auf wien.at, wo nicht nur die Lage der jeweiligen Gräber auf den einzelnen Friedhöfen angezeigt wird sondern auch die Route dorthin. Auch all jene, die ein wenig Ahnenforschung betreiben wollen, nutzen diesen Service gerne.

Auf unserem Trauerportal (trauerportal.at) werden die jeweiligen Verstorbenen mit den Begräbnisterminen angeführt, man kann in die jeweiligen Trauerdrucksorten Einsicht nehmen und auf Wunsch kondolieren. Ein schönes, gebundenes Kondolenzbuch kann den Angehörigen mitgegeben werden und es gibt die Möglichkeit, über einen Onlineshop für Trauerfloristik Blumengrüße zu schicken - dieser Service wird stark genützt.

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stadt-wien.at: Das heißt, man kann Blumen online bestellen, die direkt zur Trauerfeier gebracht werden?

Pinter: So ist es. Häufig bestellen die Angehörigen bei uns Kränze für die nächsten Angehörigen und geben den Link an Freunde und Bekannte weiter, die ebenfalls in unserem Onlineshop einen Kranz bestellen, der dann zur jeweiligen Aufbahrungshalle geliefert wird. Einen weiteren Service, den wir bis Ende des Jahres 2018 online stellen wollen ist unser sogenannte Bestattungskonfigurator.

stadt-wien.at: Was ist unter einem Bestattungskonfigurator zu verstehen?

Pinter: Damit soll man seinen grundsätzlichen Wünschen zur Ausrichtung der Trauerfeier entsprechen können – je nachdem, ob man ein traditioneller oder naturverbundener oder ein modern-extravagant denkender Mensch ist, bekommt man bestimmte Pakete der Aufbahrung und der Sargmodelle vorgeschlagen, die man frei wählen kann. Am Ende erhält man – ähnlich dem, wie man es aus der Automobilbranche kennt – eine fertige Konfiguration mit einer ungefähren Preisspanne. Dieses Paket wird auf Wunsch an eine Filiale übermittelt, wo nur noch letzte Details geklärt werden müssen. Das ist aus unserer Sicht ein wichtiger Schritt in Richtung Individualisierung und Preistransparenz. (Anm. d. Red. der Bestattungskonfigurator wird voraussichtlich Ende 2018 online verfügbar sein)

stadt-wien.at: Welche Möglichkeiten werden geboten, wenn Menschen schon im Vorfeld ihr Begräbnis organisieren möchten?

Pinter: Grundsätzlich beraten wir umfänglich. Natürlich kann man auch schon zu Lebzeiten alles für sein eigenes Begräbnis regeln, etwa eine Grabstelle aussuchen und einen Grabstein aufstellen – manche Kunden lassen sogar schon Namen und Geburtsdatum in den Grabstein gravieren. Wir versuchen, so weit wie nur möglich auf die Wünsche des Kunden einzugehen. Uns gibt es schon seit über 100 Jahren und es wird uns auch in Zukunft geben. Jemand, der sein Begräbnis finanziell vorzeitig regeln will, kann sein Geld bei uns sicher wissen.

stadt-wien.at: In den letzten Jahren ist Wien noch multikultureller geworden. Welche Möglichkeiten haben Angehörige verschiedener Kulturen, ein Begräbnis in Wien zu gestalten?

Pinter: Wir bieten dazu nicht nur eigene Bereiche auf einzelnen Friedhöfen - vor allem am Wiener Zentralfriedhof - an, sondern auch zusätzliche Services wie etwa eine Möglichkeit der rituellen Leichenwaschung in einem eigens dafür vorgesehenen Raum. Auch in der Beratung haben wir Menschen mit den jeweiligen kulturellen Hintergründen, die zielgerichtet beraten können. Maßgeschneiderte Beratung ist für uns ein ganz wichtiges Thema.stadt-wien.at: Was hat sich in den letzten Jahren beim Thema Begräbnis geändert?

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stadt-wien.at: Gibt es ein Komplettservice bei der Bestattung Wien? Es geht ja nicht nur um die Durchführung der Totenfeier alleine, sondern in weiterer Folge auch um die Grabgestaltung, Grabsteine oder Grabpflege.

Pinter: Die Kunden erwarten zunehmend, alles aus einer Hand zu bekommen. Wir organisieren alle Dienstleistungen, die bei einem Trauerfall notwendig sind unter einem Dach. In der Unternehmenszentrale (gegenüber Tor 2 des Zentralfriedhofs) bekommen Sie umfassende Beratung - sei es Bestattung, Friedhof, Steinmetz oder Gärtnerei.

stadt-wien.at: Bestattungskosten sind oft auch ein Thema. Welche Möglichkeiten haben Menschen, die nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügen?

Pinter: Die Stadt Wien steht seit jeher dafür, auch Personen, denen das Budget dafür fehlt, ein würdiges Begräbnis zu ermöglichen. In diesem Fall organisiert die Stadt ein einfaches Begräbnis mit einer entsprechenden Grabstelle auf dem Zentralfriedhof.

stadt-wien.at: Letzte Frage: Ihre Wünsche an die unmittelbare Zukunft?

Pinter: Sehr wichtig ist uns, dass die Bestattungs- und Friedhofkultur in Wien, um die wir weltweit beneidet werden, in einer modifizierten Form auch weiterhin aufrecht erhalten werden kann. Das Thema Tod und Friedhof ist natürlich sperrig und wird gerne auch ein wenig weggeschoben. Mein größter Wunsch wäre, dass man mit uns Kontakt aufnimmt oder zumindest im Familienkreis einmal die Vorstellungen bespricht, damit man Überraschungen unliebsamer Natur vermeiden kann. Als Geschäftsführer eines großen Unternehmens hoffe ich, dass wir wirtschaftlich erfolgreich bleiben und nicht nur als verlässliches und seriöses, sondern auch als ein auf die Zukunft ausgerichtetes Unternehmen wahrgenommen werden.

stadt-wien.at: Danke für das Interview. (Interview geführt am 13.2.2018)

Zur Person Dr. Markus Pinter

  • Geboren 1977
  • Studium der Rechtswissenschaft und Betriebswirtschaft
  • Einstieg 2004 bei der Wiener Stadtwerke Holding AG
  • 2006 Befähigungsprüfung für das Bestattergewerbe
  • 2009 Geschäftsführer der Friedhöfe Wien
  • seit 2015 Alleingeschäftsführer B&F Wien - Bestattung und Friedhöfe GmbH, wo neben der Bestattung und den Friedhöfen auch das Krematorium, ein Sarglogistikunternehmen sowie der Tierfriedhof dazu gehören
  • Geschäftsführer BFW Gebäudeerrichtungs- und Vermietungs GmbH

  • Aufsichtsratsvorsitzender Bestattung Wien, Friedhöfe Wien und Sarglogistik Wien 
  • 
Beiratsvorsitzender Druckerei Lischkar und Krematorium Wien

  • Aufsichtsrat Wiener Stadtwerke Finanzierungsservices
  • Vorsitzender Fachvertretung der Bestatter in Wien, Board Member EFFS und National Delegate FIAT/IFTA
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