Diese Bilder der Albertina sind Millionen wert

Der Bestand umfasst etwa 900.000 druckgrafische Arbeiten von der Spätgotik bis zur Gegenwart und cira 50.000 Zeichnungen und Aquarelle, darunter Ikonen wie den Feldhasen von Albrecht Dürer, wunderbare und herausragende Zeichnungen von Raffael, Michelangelo, Rubens, Rembrandt, Cezanne, Picasso, Schiele und mehr.
Dürers Feldhase ist nicht nur seine berühmteste Naturstudie und ein erster Höhepunkt der Naturbeobachtung in der abendländischen Kunst, sondern auch ist das Herzstück der Albertina. Unter all seinen Zeichnungen sollte das „Häslein“ die glanzvollste Karriere machen. Mit differenzierter Pinselführung hat Dürer in Aquarell- und Deckfarben das weiche, längere Haarkleid an Bauch und Schenkeln sowie das Kurzhaar am Rücken des etwa zweijährigen Tieres festgehalten und mit Deckweiß einzelne Haare, ja selbst die Tasthaare an der Schnauze, die Vibrissen, und das farblich ausgeprägte Fell mit dem schwarzen Pinsel herausgearbeitet. Das Tier wurde von vorn und in leichter Aufsicht gemalt; die wachsamen Augen und die hoch aufgerichteten Ohren des Hasen machen den Eindruck, als würde er aus dem ruhigen Verharren aufspringen und flüchten wollen. Das sich im rechten Auge des Hasen spiegelnde Fensterkreuz ist ein weiterer Realitätsbezug dieser Tierstudie - und vielleicht ein Hinweis auf eine Ausführung im Atelier des Künstlers; gleichzeitig könnte es aber auch auf eine christliche Symbolik anspielen und die Naturstudie mit einer religiösen Bedeutung versehen.
Albrecht Dürer: Betende Hände, 1508

Dürer fertige das Blatt als Vorstudie zum Heller-Altar – einem spätgothischen Flügelaltar - an. In der vielfigurigen Szene auf die mittlere Tafel des Altars malte Dürer eine Himmelfahrt und Krönung Mariens, in der sich unter anderem ein Apostel mit zum Gebet gefalteten Händen befindet, die der Künstler mit der vorliegenden Studie vorbereitet hat. Mit feinem Pinsel, gewässerter Tusche und Deckweiß hat Dürer die Hände auf ein grundiertes und blau gefärbtes Papier gezeichnet, durch den differenzierten Einsatz des weißen und grauen Pinsels und ein abwechselnd dicht und locker gezeichnetes Netz von Parallel- und Kreuzschraffuren sind die Helldunkelverhältnisse festgelegt, die Lichtführung bestimmt und die feinen Sehnen und Adern sowie die kleinen Falten der Haut wirklichkeitsnah herausmodelliert.
Claude Monet: Seerosenteich, 1917-19

Monets großartiges Spätwerk entstand in der Abgeschiedenheit seines Landhauses in Giverny, einem kleinen Ort nördlich von Paris, wo er einen Garten nach japanischen Vorbildern hatte anlegen lassen. Im Mittelpunkt seines Schaffens standen bis zu seinem Tod 1926 die Teiche mit Seerosen. Die Besonderheit des abgebildeten Gemäldes ist die Aufhebung der Symmetrie in der Verteilung der Seerosen: Die dunklen Spiegelungen nehmen fast drei Viertel der rechten Seite ein, während die Spiegelungen des Himmelslichts ganz nach links gerückt sind.
Marc Chagall: Die Mutterschaft, 1914

Eine leicht bekleidete junge Frau hebt ein Kleinkind aus der Wiege, um es an ihre Brust zu legen. Wie bereits der Bildtitel Mutterschaft zum Ausdruck bringt, geht es jedoch nicht einfach um die Darstellung eines alltäglichen Rituals im Leben von Mutter und Kind, sondern um das Thema der Mutterschaft an sich: Wie weitere Bilder aus jener Zeit macht das Gemälde deutlich, dass Marc Chagall die Geburt als etwas besonders Wunderbares und Verehrungswürdiges betrachtet haben muss. Liebevoller und zärtlicher als im vorliegenden Werk hat er das Motiv wohl niemals dargestellt, und wie viel ihm dieses Bild bedeutet haben muss, zeigt schon die Tatsache, dass er es 1924 fast gleich wiederholt hat.
Francis Bacon: Sitzende Figur, 1960

Der Ire Francis Bacon ist neben Alberto Giacometti der bedeutendste figurative Künstler der Nachkriegszeit. Seine ersten Skandalerfolge erzielte er Mitte der vierziger Jahre mit Bildern voller Gewalt und Grausamkeit. Sie stellen menschliche Figuren dar, die schlimmsten körperlichen Torturen und Verstümmelungen ausgesetzt zu sein scheinen, oft paraphrasieren seine Bilder auch sakrale Themen wie die Kreuzigung Christi oder sakrale Bildformen wie das Triptychon. Das vorliegende Bild zeigt einen in ein enges schwarzes Gehäuse eingesperrten Mann in Straßenkleidung, der verzweifelt um sich schlägt. Gesicht und Hände dieses Mannes sind schwer verletzt, wenn nicht gar verstümmelt. Diese Körperteile fallen umso mehr ins Auge, als sie aus der Dunkelheit des Raumes aufleuchten, wie wenn sie von irgendwoher grell angestrahlt würden.
Michelangelo Buonarroti: Männlicher Rückenakt (Verso), um 1504

Auf diesem Blatt sind auf Vorder- und Rückseite zwei Aktstudien zu sehen (recto und verso), hier ist jener der Rückseite zu sehen. Die Aktstudien sind Entwürfe für die berühmte Schlacht von Cascina, die Michelangelo als monumentales Wandgemälde im großen Ratsaal des Palazzo della Signoria in Florenz im Wettstreit mit Leonardos Schlacht von Anghiari ausführen sollte. Es sind die beiden berühmtesten Kampfesdarstellungen der Kunstgeschichte, wenngleich Michelangelo seine Komposition nur teilweise als Karton ausgeführt hat und Leonardos Bild unvollendet geblieben ist und den späteren Umgestaltungen des Saales zum Opfer fiel.
Peter Paul Rubens: Rubens Sohn Nikolas mit XY, um 1619

Rubens‘ Sohn Nikolas mit XY - auf diesem Bild ungefähr ein Jahr alt - ist sicherlich eine der reizvollsten Zeichnungen der Albertina und zweifellos das berühmteste Kinderporträt überhaupt. Die dem Blatt namensgebende KXY gab man früher Kleinkindern um sie vor allerlei Unbill zu schützen. Rubens hat das Bildnis für den Kopf des Jesuskindes in dem Gemälde Die Heilige Familie (heute in der Gemäldegalerie Kassel) verwendet.
Leonardo da Vinci: Halbfigur eines Apostels, 1493-1495

Das Brustbild des Apostels wird häufig als mögliche Studie für den hl. Petrus in Leonardos Abendmahl im Kloster S. Maria delle Grazie angesehen. Der Apostel hat ein charaktervolles Gesicht und scheint in seiner Körperhaltung – sein Kopf weicht zurück, seine Hand rafft unsicher den Mantel, der erhobene Zeigefinger ist ein Zeichen des Zorns - auf ein momenthaftes Ereignis zu reagieren, nämlich die Prophezeiung von Christus beim Abendmahl, dass einer der Apostel ihn verraten werde.
Pierre August Renoir: Mädchenbildnis (Elisabeth Maître), 1897

Während bei den Impressionisten Monet, Pissarro und Sisley die Landschaft dominiert, kommt bei Renoir der Darstellung des Menschen eine übergeordnete Bedeutung zu. Er behandelt das Porträt mit derselben Freiheit in der technischen Ausführung wie seine Kollegen die Beobachtungen der Natur. Das frische, spontan wirkende Kinderporträt zeigt die sechsjährige Elisabeth Maître, die Nichte von Renoirs Freund Edmond Maître, einem Kunstsammler und Musikliebhaber. Renoir gibt sie natürlich und in ungezwungener Haltung wieder. Sie sitzt von der Lehne eines Fauteuils bildwirksam umfangen, dicht an den vorderen Bildrand gerückt, vor einem neutralen Hintergrund, dessen Farbigkeit mit dem intensiven Blau ihres Kleides kontrastiert. Diese betont malerischen Qualitäten und der nahsichtige Blickwinkel verleihen dem Bildnis seine starke Präsenz und forcieren den direkten Bezug zum Betrachter, auch wenn Elisabeth ihren Blick zur Seite gewandt hat.
Henri Lebasque: Auf der grünen Bank, Sanary, 1911

Dieses großformatige Werk entstand in südfranzösischen Sanary bei Toulon. Es handelt sich dabei um ein „paysage à figures“, also um eine mit Figuren bevölkerte Landschaft. Dargestellt ist die älteste Tochter des Künstlers Marthe Lebasque in einen weit geschnittenen Kimono, die entspannt auf einer grün gestrichenen Gartenbank sitzt und verträumt aus dem Bild blickt. Neben ihr liegen ein paar frisch gepflückte Blumen, ein Sonnenhut und ein Buch – alles Attribute eines ganz dem Müßiggang hingegebenen Lebens. Hinter der Bank erscheint ein zweites, einige Jahre jüngeres Mädchen, bei dem es sich wohl um die jüngste Tochter des Künstlers namens Nono handelt. Neben Henri Lebasque malten auch andere Künstler zu Beginn des 20. Jahrhunderts solche vom Sonnenlicht durchflutete und von jungen Mädchen bevölkerte Landschaften. Vor allem die Fauves, denen sich Lebasque eng verbunden fühlte, wählten ebenfalls diese Thematik.
Pieter Bruegel: Die großen Fische fressen die kleinen, 1556

Dieses Blatt gehört zu den berühmtesten von Pieter Bruegel. Bis in den Himmelsbereich ist die gesamte Darstellung von Fischen und fischartigen Fantasiegeschöpfen überschwemmt. Der Vater und sein kleiner Sohn im Ruderboot im Vordergrund der Federzeichnung beobachten, wie Fische aller Größen aus den Bäuchen von wiederum größeren Exemplaren herausgeschnitten werden. Die Moral des Dargestellten ist augenscheinlich: So groß und kräftig man auch ist, gibt es immer einen Kräftigeren, dessen Opfer man wird.
Kasimir Malewitsch: Mann in suprematistischer Landschaft, um 1930-31

Nach Lenins Tod 1924 definierte Stalin eine neue offizielle Kunstform: den sozialistischen Realismus. 1927 kehrte Kasimir Malewitsch aus Berlin zurück, seine Bilder hatte er dort gelassen, sehr zu recht: Im Herbst 1930 wurde er unter dem Verdacht der politischen Unbotmäßigkeit verhaftet und für ein paar Wochen in das sogenannte Große Haus des KGB gesperrt. Dieses dramatische Erlebnis ist auf dem vorliegenden großformatigen Gemälde in verschlüsselter Form dargestellt. Mit der großen gesichtslosen Figur in der schlichten Russenbluse hat sich der Künstler wohl selbst abgebildet. Das umzäunte Gebäude im Hintergrund ist das Gefängnis, was anhand der vergitterten Fenster und des turmartigen Wachlokals sichtbar wird.
Pablo Picasso
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