Die Donau und ihre Nebenflüsse: Donauarme, Zuflüsse und Kanäle

Schwarzweiß-Karte von Wien, von einem französischen Kartographen 1780 für seinen König gezeichnet.
Die noch unregulierte Donau im Wien des 18. Jahrhunderts

Historischer Überblick über die 5 Donauarme in Wien: Der Salzgriesarm, der Wiener Arm, das Fahnenstangenwasser, das Kaiserwasser und der Floridsdorfer Arm. Das Donausystem veränderte sich im Laufe der Zeit stark, einige Donauarme versandeten, andere wurden überschwemmt.

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Fünf Hauptarme der Donau

Die gesamte Entwicklung lässt sich an den fünf Hauptarmen der Donau im Wiener Raum in historischer Zeit darstellen. 

Der Salzgrießarm oder Nußdorfer Arm

Der für Wien wichtigste Donauarm war bis ins 12. Jahrhundert der »Salzgriesarm« oder »Nußdorfer Arm«. Er folgte ungefähr der Linie Heiligenstädter Straße - Liechtensteinstraße - Salzgries und vereinigte sich dann mit dem Donaukanal. Die Kirche »Maria am Gestade« trug ihren Namen damals noch zu Recht, sie befand sich auf dem Steilufer direkt am Fluss.

Der Obere Werd

Zwischen diesem Arm und dem Donaukanal befand sich eine Insel, die Teile der heutigen Bezirke 9 und 19 umfasste. Diese Insel wurde »Oberer Werd« genannt. Im 13. Jahrhundert war der flachere Teil des Salzgriesarmes, etwa ab der heutigen Kreuzung Liechtensteinstraße - Althanstraße, so stark versandet, dass er nicht mehr von Schiffen befahren werden konnte. Eine kleine Seitenverbindung zum Donaukanal, die quer über das Gelände des jetzigen Franz-Josephs-Bahnhofes führte, wurde deshalb verbreitert und vertieft und damit eine neue Schifffahrtsrinne geschaffen, der Obere Werd wesentlich verkleinert.

Regulierung der Donau durch Hertneid

Der versandete Teil des Armes wurde zugeschüttet. Am Beginn des 15. Jahrhunderts war auch der restliche Arm entlang der Heiligenstädter Straße nicht mehr schiffbar. Um 1440 beauftragte die Stadtverwaltung den »Wasserbaukünstler und Hydrauliker« Caspar Hertneid, den Fluss zu regulieren. Er ließ das Strombett ausschaufeln, aber das lockere Erdreich rutschte immer wieder nach, und schließlich war die Lage schlechter als vorher. Hertneid hatte für die erfolglose Arbeit die enorme Summe von 800 Pfund Pfennige (das Pfund zu 240 Pfennigen) verbraucht, das entsprach etwa 3000 Wochenlöhnen für Erdarbeiter.

Die Bräuche waren damals streng: Hertneid wurde in den Kerker geworfen, ihm drohte die Todesstrafe. Er verdankte es seinem Gönner, dem Erzherzog Sigmund von Tyrol, für den er erfolgreich Flüsse reguliert hatte, dass er 1455 freigelassen wurde. Der Salzgriesarm bestand als schmaler, seichter Flussarm bis etwa 1750, dann trocknete er völlig aus. Einige Tümpel bestanden noch bis ins vorige Jahrhundert.

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Der Wiener Arm

Der wasserreichste Donauarm zur Römerzeit war der heutige Donaukanal. Er wurde im Mittelalter »Wiener Arm« oder »Wiener Wasser« genannt. Die Römer legten im Bereich des Schwedenplatzes den ersten Wiener Hafen an, zu seinem Schutz wurde bei der Einmündung des Wienflusses eine Wehranlage gebaut. Auch dieser Donauarm begann zu versanden.

Befestigung der Ufer

1598 wurde Ferdinand Gomez von Hoyos beauftragt, die Schifffahrt zu sichern. Er ließ die Ufer mit Bäumen, Büschen und Steinen befestigen und das Wasser einiger kleiner Seitenarme, die zugeschüttet wurden, in das Gerinne leiten. Der bis dahin naturbelassene und verzweigte Donauarm erhielt dadurch kanalartigen Charakter und wurde von nun an »Wiener Kanal« genannt.

Vom Wiener Kanal hin zum Donaukanal

Im 18. Jahrhundert kam die Bezeichnung »Donaukanal« auf. Im Zuge der Donauregulierung 1870-1875 wurde durch die massive Uferbefestigung und durch den Bau der Nußdorfer Schleuse, die eine Regelung des Wasserstandes ermöglicht, der Donaukanal in seiner heutigen Form gesichert. Für die Leopoldstadt war die Hoyos-Sanierung am Ende des 16. Jahrhunderts besonders wichtig, weil zahlreiche kleinere Gewässer beseitigt und die Besiedlung damit erleichtert wurden.

Das Fahnenstangenwasser

Das Fahnenstangenwasser folgte ungefähr der späteren Nordwestbahntrasse und der Straße Am Tabor, dann verlief es quer über das jetzige Bahngelände beim Praterstern und vereinigte sich ungefähr auf der Höhe der Reichsbrücke mit dem östlichen Donauarm.

Erst für die Floßfahrt genutzt, dann zugeschüttet

Über diesen Arm kamen von Westen große Flöße, die nach der Entladung zerlegt und als Bau- und Brennholz verkauft wurden. Mit dem Aufzug von Fahnen an hohen Stangen wurde die Ankunft eines solchen Floßes signalisiert, daher der Name Fahnenstangenwasser. Etwa ab 1400 war dieser Donauarm der wasserreichste, dann begann er ebenfalls zu versanden. Um 1780 war er nicht mehr schiffbar, um 1840 bestanden nur mehr einzelne Tümpel, die im Zuge der Bahnbauten zugeschüttet wurden.

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Das Kaiserwasser

Die Funktion des Hauptgerinnes übernahm etwa um 1550 das Kaiserwasser. Es trennte sich auf der Höhe der heutigen Nordbrücke vom Fahnenstangenwasser, floss ungefähr in der Mitte zwischen diesem und dem jetzigen Strom und vereinigte sich dann im Bereich der Reichsbrücke wieder mit dem Fahnenstangenwasser. Dieses Gerinne wurde nach der Donauregulierung 1870-1875 abgedämmt und zugeschüttet.

Der Floridsdorfer Arm

Etwa ab 1700 war der »Floridsdorfer Arm« der wasserreichste. Sein Verlauf ist heute noch an der »Alten Donau« erkennbar. Im Bereich der Krieau vereinigte er sich mit dem Kaiserwasser. Auch der Floridsdorfer Arm wurde im Zuge der großen Donauregulierung abgedämmt.

Das Donausystem im Wiener Becken

Zwischen diesen fünf Hauptarmen gab es ein weitverzweigtes System von Nebenarmen. Das Heustadlwasser zählt zu den heute noch bestehenden Resten davon. Die Veränderungen des Donausystems im Wiener Becken erfolgten teils plötzlich durch Hochwasser, teils sehr langsam durch die Ablagerungen und Ausschwemmungen. Teils entstand neues Land durch Anhäufung und Anschüttung von Geschiebe (daher die Bezeichnungen Häufel und Schüttel), teils verschwand besiedeltes Land (namentlich im heutigen 21. Bezirk) im Strom.

Aus „Eine Insel mitten in der Stadt“ von Prof. Christine Klusacek und Prof. Kurt Stimmer; erschienen 1978 im Verlag Kurt Mohl.

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