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Karl Schranz im Gespräch mit stadt-wien.at

© Thomas Lehmann |

Karl Schranz, die unverwüstliche Schilegende im Interview über Erfolg, Zielerreichung und die EURO 2008.

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Herr Schranz, welche Faktoren waren wesentlich dafür, dass Sie sich so fit halten konnten? Was muss man dafür tun?

Man muss sich immer ein bisschen bewegen, halbwegs gesund leben, schauen, dass man nicht zu viel Stress hat. Das genügt.

Thema Europameisterschaft 2008: Welchen Bezug haben Sie zum Fußball heute und welchen hatten Sie früher?

Ich habe seit eh und je einen starken Bezug zum Fußball. Das geht besonders auf meine Jugendzeit zurück. Ich habe schon in der Zeit, als ich in der Schi-Nationalmannschaft war, sehr viele Freunde unter den Nationalspielern gehabt und Freunde, die in der obersten Liga gespielt haben, zum Beispiel Helmut Senekowitsch, Branko Milanovic, Rafreider oder Ettmayer. Ich war auch bei fast jedem Spiel in Innsbruck oder Vorarlberg, und auch bei jedem Länderspiel in Wien. Fußball war mein Leben. Ich habe auch selbst gern gespielt. Wir haben sogar Meisterschaft gespielt, und unter anderem war ich angemeldet bei Red Star in Wien. Ich habe auch einmal mit den Senioren von Rapid, unter anderem Gerhard Hanappi, Robert Dienst, Paul Haller, Walter Zeman im Happel-Stadion gespielt, und das war für mich ein besonderer Höhepunkt.

Wenn man Profischisport und Profifußball vergleicht, wo liegen Gemeinsamkeiten und wo liegen Gegensätze?

Beim Schisport kommt es in erster Linie auf Geschwindigkeit an. Man muss sicher anders trainieren, aber von der Zielsetzung her sind die beiden Sportarten gleich: Jeder will den Erfolg. Österreich hat im Schifahren das Glück, Weltklasse zu sein. Wir waren auch im Fußball einmal Weltklasse, das sind wir jetzt leider nicht mehr, aber es gab immer Verbindungen zwischen den beiden Sportarten. Der Schisport hat den Fußballern getaugt und umgekehrt. Jeder Schifahrer bei der Nationalmannschaft hat auch gerne Fußball gespielt.

Was ist aus Ihrer Sicht persönlicher Erfolg?

Erfolg bedeutet, sich ein Ziel zu setzen und dieses zu erreichen. Es ist aber kein Misserfolg, wenn man bestimmte Sachen nicht erreicht, weil manche Dinge einfach nicht erreichbar sind. Man soll sich also Ziele setzen, für deren Erreichung die Voraussetzungen gegeben sind. Ich kann zum Beispiel sicher als Nicht-Politiker keinen politischen Posten erreichen.

Was war am Anfang Ihrer Schikarriere Ihr wesentliches Ziel?

Nationalmannschaft, Weltmeisterschaft und olympische Spiele. Und natürlich der Gewinn großer Rennen wie Kandahar, Lauberhorn, Hahnenkamm. Diese Ziele habe ich bis auf den Olympiasieg alle erreicht, aber der wurde mir ja gestohlen.

Wieso wussten Sie am Anfang Ihrer Karriere, dass Sie sich dieses Ziel setzen können?

Ganz einfach: Bei uns war nichts anderes möglich als Schirennen zu fahren und meine Zielsetzung war die gleiche wie die aller jungen Leute in St. Anton.

Wenn ein Spitzensportler in seiner Karriere sehr weit oben steht und dann plötzlich abstürzt, was soll er besonders beachten, um daran nicht zu zerbrechen?

Da gibt es kein allgemeingültiges Patentrezept. Das kommt immer auf die Person an. Der eine ist physisch und psychisch stark. Andere sind labil und sensibel. Man muss individuell herausfinden, wie man sich aus einer solchen Situation befreit.

Sie waren maßgeblich an der Organisation der Schi-Weltmeisterschaft 2001 in St. Anton beteiligt. Konnten Sie in Bezug auf Großveranstaltungen Erfahrungen sammeln, die Sie an die Verantwortlichen für die Fußball-Europameisterschaft 2008 weitergeben könnten?

Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Die Fußball-Europameisterschaft ist ein irrsinniger Event und mit großem Aufwand behaftet. Es ist eine Ehre für Österreich. Ich betrachte das als großartige Sache, aber von der Organisation her ist das sicher etwas anderes als eine Schi-WM. Mein Ziel war zum Beispiel, ein Stadion für alle Bewerbe zu haben. Bei der EURO hat man viele Stadien. Man muss die Menschen lenken, man muss Tausende von Mitarbeitern lenken, und das ist eine Organisationssache.

Stichwort Teamarbeit bzw. Teamleader: Haben Sie ein besonderes Rezept gehabt, um erfolgreich ein Team führen zu können?

Das hat sich nach der Bewerbung von St. Anton für die Schi-WM entwickelt. Man muss genug Selbstvertrauen haben, zu sagen: Das kann ich jetzt organisieren, das mache ich. Man braucht Leute, die Ideen haben, die die Umsetzung zusammenbringen. Man braucht Führungspersonen.

Verfolgen Sie die Vorbereitungen zur Europameisterschaft und verfolgen Sie auch die Spiele unserer Nationalmannschaft? Was ist Ihre Meinung zum Ist-Zustand?

Es ist schade, dass wir nicht mehr so ein starkes Team haben, aber es gibt sicher sehr viele junge Talente. Aus meiner Sicht geht Josef Hickersberger einen guten Weg. Irgendwann muss der Schnitt kommen, und die Jugend muss vorne sein. Es ist halt schade, dass es zur Europameisterschaft der Fall ist.

Welche Tipps können Sie jungen Sportlern am Beginn ihrer Karriere aufgrund Ihrer Erfahrungen mitgeben?

Da sind wir wieder beim Thema: Sich ein Ziel zu setzen, das Ziel zu erreichen. Für einen Fußballer gibt es nur eines: Ins Ausland zu gehen, denn dort sind die stärkeren Ligen, und wenn unsere Spieler sich dort durchsetzen, dann haben wir wieder eine stärkere Nationalmannschaft.

Interview: Ralf Ehrgott, Bearbeitung: Andreas Lassnig

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