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Volksbegehren Österreich: Eintragungswoche für Covid & Co. gestartet

Black Voices Volksbegehren: Eine Gruppe Menschen, alle halten Banner mit Botschaften hoch
© Black Voices Volksbegehren Facebook | "Black Voices" gegen Rassismus, eines der sieben aktuell gestarteten Volksbegehren

Am Montag sind in Österreich gleich sieben Volksbegehren zur Unterzeichnung gestartet. Thematisch reichen die Forderungen von der Abschaffung der GIS-Gebühren über die Wiedergutmachung der Covid-Maßnahmen bis zu "Black Voices".

Erstellt von: | Update: 20.09.2022
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Politisch startet Österreich mit einer Vielzahl an Bürgerinitiativen in den Herbst: Gleich sieben Volksbegehren können seit Montag unterschrieben werden. Die verschiedenen Initiativen bedienen eine große thematische Vielfalt – die Inhalte reichen von der Abschaffung der Corona-Maßnahmen bis hin zur Forderung uneingeschränkter Bargeldzahlung. 
Die sieben Volksbegehren im Detail: 

Black Voices Volksbegehren

Das Volksbegehren "Black Voices" versteht sich als "antirassistische Initiative in Österreich". Es fordert die Stärkung und Verbesserung der institutionellen, repräsentativen, gesundheitlichen, bildungspolitischen, arbeitsrelevanten und sozioökonomischen Stellung für Menschen afrikanischer Herkunft und People of Colour mittels bundesverfassungsrechtlicher Maßnahmen. 

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COVID-Maßnahmen abschaffen

"Keine gentechnischen Experimente mit Kindern": Das Volksbegehren zur Abschaffung der Corona-Maßnahmen spricht sich im Grunde gegen jede Art von Impfzwang aus, insbesondere bei Kindern.

Weitere Forderungen sind ein ungehinderter Präsenzunterricht in Schulen und die Aufhebung der 3-G-Regel – diese würden die Gastronomie-, Dienstleistungs- und Kultur-Betriebe existenziell und ohne erkennbaren Nutzen gefährden.

Wiedergutmachung der COVID-19-Massnahmen

Etwas weiter geht das Volksbegehren zur "Wiedergutmachung der COVID-19-Maßnahmen": Es fordert nicht nur deren Aufhebung, sondern über die Zurücknahme aller Covid-19-Gesetze hinaus auch die Refundierung bezahlter Strafen sowie Schadenersatzleistungen nach dem bisherigen bzw. ursprünglichen Epidemie-Gesetz.

Als Begründung nennen die Urheber "massive menschliche, soziale und wirtschaftliche Schäden", die durch viele willkürliche Vorschriften der Regierung verursacht worden seien. Stellvertreter des Bevollmächtigten für das Volksbegehren ist übrigens MFG-Chef und Bundespräsidentschaftskandidat Michael Brunner

Volksbegehren zum Recht auf Wohnen

Dieses Volksbegehren fordert die Republik dazu auf, Staatsbürgerinnen und Staatsbürger "ab einem bestimmten Alter auf Antrag beim Erwerb oder der Erhaltung von Wohneigentum in Österreich" zu unterstützen, etwa in Form von zinslosen Darlehen. Außerdem sollen den Menschen in Österreich so lange kostenlose Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden, wie sich diese selbst keine leisten können.

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Kinderrechte-Volksbegehren

Hauptforderungen des Kinderrechte-Volksbegehrens sind die vollständige Aufnahme der UN Kinderrechtskonvention in die Verfassung sowie das Verbot von Produkten, welche Kinderarbeit in der Lieferkette oder im Produktionsprozess aufweisen. Weitere Punkte sind die tägliche Turnstunde an Schulen, eine nachhaltige Erhöhung des Kinderbetreuungsgeldes und die Umsetzung einer staatlichen Unterhaltsgarantie.

GIS Gebühr abschaffen

Das Volksbegehren rund um die GIS-Gebühren greift keine neue Debatte auf. Konkret wird die vollständige und uneingeschränkte Abschaffung selbiger gefordert, nachdem die Programmqualität der öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radiosender des Landes abgenommen habe. Die Erfüllung des Bildungsauftrags sei  überdies fragwürdig. Eine "streng zweckgewidmete Gebühr zur Finanzierung von Ö1" sei aus Sicht der Initiatoren dagegen legitim.

Für uneingeschränkte Bargeldzahlung

Bundesverfassungsrechtliche Maßnahmen sollen sicherstellen, dass der uneingeschränkte Bargeldzahlungsverkehr beibehalten und Bargeld in vollem Umfang als Vermögensform und Zahlungsmittel geschützt wird – und zwar ohne Obergrenzen. Das Volksbegehren sieht eine Absicherung des Bargeldes als verfassungsrechtliches Grundrecht. 

So kann man ein Volksbegehren unterschreiben

Wer in Österreich ein Volksbegehren mit seiner Unterschrift unterstützen möchte, hat dazu verschiedene Möglichkeiten:

Grundsätzlich werden für ein Volksbegehren im Zuge des sogenannten Einleitungsverfahrens zunächst Unterstützungserklärungen gesammelt. Erreicht die Zahl der Unterstützungserklärungen ein Promille der Bevölkerungszahl, aktuell also etwa 8.900, dann folgt ein achttägiger Eintragungszeitraum, während welchem alle in Österreich Wahlberechtigten ein Volksbegehren durch Unterschrift unterstützen können.

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Achtung: Wer bereits eine Unterstützungserklärung abgegeben hat, kann keine Eintragung mehr vornehmen. Eine getätigte Unterstützungserklärung gilt bereits als gültige Eintragung und wird daher in der Summe der gesammelten Unterschriften eines Volksbegehrens immer mitgezählt!

  • Unterschrieben werden kann unabhängig vom Wohnsitz in jedem Gemeindeamt (bzw. Magistrat; in Wien: Magistratisches Bezirksamt) während der jeweiligen Amtsstunden. 
  • Volksbegehren können auch online unterschrieben werden. Benötigt wird dafür die sogenannte Handy-Signatur, die ebenfalls online beantragt werden kann und als amtlich anerkannte Identifikationsmaßnahme gilt. 

Erreicht ein Volksbegehren im Eintragungszeitraum mehr als 100.000 Unterschriften (inkl. Unterstützungserklärungen), dann muss es laut Gesetz verpflichtend im Parlament behandelt werden.

Der Eintragungszeitraum für die aktuellen Volksbegehren läuft noch bis einschließlich Montag, 9. Mai 2022!

Vergangene Volksbegehren: Ergebnisse zu Impfpflicht & Co.

Volksbegehren Unterstützungserklärungen Eintragungen Gesamtergebnis
Stoppt Lebendtier-Transportqual 274.940 151.998 426.938
Rechtsstaat & Antikorruptionsvolksbegehren 80.400 227.229 307.629
NEIN zur Impfpflicht 134.820 112.058 246.878
Impfpflichtabstimmung: NEIN respektieren! 162.925 83.551 246.476
Bedingungsloses Grundeinkommen umsetzen! 98.576 70.405 168.981
Mental Health Jugendvolksbegehren 20.632 117.499 138.131
Arbeitslosengeld RAUF! 24.602 61.615 86.217
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Sobald ein Volksbegehren mehr als 100.000 Unterschriften erreicht, muss es im Parlament verpflichtend behandelt werden. Als einziges der sieben Volksbegehren nicht über diese Hürde geschafft hat es damit die Forderung nach höherem Arbeitslosengeld.

Die Statistiken zu den einzelnen Volksbegehren nach Ländern und Stimmbezirken finden Sie hier.

Für fünf weitere Volksbegehren wurden indessen in Österreich Einleitungsanträge eingebracht. Der Eintragungszeitraum für

  • Rücktritt Bundesregierung sowie
  • Keine Impfpflicht

beginnt am 20. Juni, für die Volksbegehren

  • COVID-Maßnahmen abschaffen
  • Black Voices und
  • Wiedergutmachung der COVID-19-Maßnahmen

wurde noch kein konkreter Eintragungszeitraum festgelegt. Das waren die Forderungen der Volksbegehren im Detail:

Rechtsstaat & Antikorruptionsvolksbegehren

In der Begründung zur Einleitung des Verfahrens für das Volksbegehren findet sich unter anderem der folgende Wortlaut: 

"Wir sind Bürgerinnen und Bürger, die sich seit vielen Jahren mit der im Land grassierenden Korruption sowie einer zunehmend fragwürdigen politischen Kultur beschäftigen. Unzählige neue Fälle, von schwerwiegendem Korruptionsverdacht bis zu massiven Angriffen auf den Rechtsstaat, verpflichten uns, unsere Stimme auch öffentlich zu erheben. Wir wollen nicht länger zusehen und starten daher dieses Rechtsstaat & Anti-Korruptionsvolksbegehren."

Auf der Website der Initiative versammeln sich einige prominente Unterstützerinnen und Unterstützer, darunter etwa die ehemalige Gerichtshofspräsidentin und Bundespräsidentschafts-Kandidatin Dr. Irmgard Griss, Univ.-Prof. Dr. Werner Doralt und die ehemalige dritte Nationalratspräsidentin Dr. Heide Schmidt.

» Zum vollständigen Text des Volksbegehrens

Arbeitslosengeld rauf

Diese Initiative fordert eine Novellierung des Arbeitslosengesetzes: In Österreich brauche es demnach eine Erhöhung der Bezüge für Arbeitssuchende auf mindestens 70 % sowie eine "Entschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen". In letzterem Punkt bezieht sich das Volksbegehren auf jene Bedingungen, unter denen laut österreichischem Gesetz die Annahme einer vermittelten Arbeitsstelle zumutbar und somit verbindlich ist, nachdem es andernfalls zu einer Streichung der Bezüge kommen kann.

Dazu zählen zum Beispiel Kinderbetreuungspflichten oder Arbeitswege (hier gelten bei Teilzeitbeschäftigung etwa bis zu anderthalb Stunden als zumutbar) etc.

» Die Forderungen des Volksbegehrens im Detail

Nein zur Impfpflicht sowie Impfpflichtabstimmung: Nein respektieren

Die Impfpflicht beschäftigt in der Eintragungswoche gleich zwei Volksbegehren. Inhaltlich fordern im Grunde beide gleichermaßen ein Aus der Impfpflicht, die in Österreich im Februar 2022 eingeführt wurde und aktuell ausgesetzt ist. Die zweite Initiative bezieht sich in ihrer Begründung konkret auf ein Befragungsergebnis im September 2021, bei dem in einer amtlichen Abstimmung 80,39 % der Teilnehmenden gegen die Einführung einer Covid-19-Impfpflicht gestimmt haben.

Rund 270.000 Menschen, das sind etwa 4 % der in Österreich Stimmberechtigten, hatten das entsprechende Volksbegehren im September unterzeichnet.

Die beiden Anti-Impfpflicht-Volksbegehren im Detail:

Zu den erfolgreichsten Volksbegehren in Österreich zählen hierzulande übrigens das Frauen-Volksbegehren, an dem sich 1997 mit knapp 650.000 Unterschriften über 11 % der (zum Zeitpunkt) Stimmberechtigten beteiligten, oder das "Don't smoke"-Begehren, das sogar fast 890.000 Menschen mobilisierte. Die bisher höchste Beteiligung an einem Volksbegehren erfuhr aber 1982 das "Konferenzzentrum-Einsparungsgesetz", das sich gegen den Bau des Austria Center Vienna als Österreichs größtes Konferenzzentrum aussprach. Es erreichte mehr als 1,3 Millionen Unterschriften.

Mental Health Jugendvolksbegehren

Vor allem zu Pandemiezeiten habe sich die Situation der psychischen Gesundheit unter Kindern und Jugendlichen massiv zugespitzt und einen alarmierenden Höhepunkt erreicht – so lautet der Begründungstext für das Jugendvolksbegehren. Die Initiative fordert daher die Bundesregierung dazu auf, Maßnahmen im Bereich "Mental Health" für Kinder und Jugendliche zu setzen. Unter den konkreten Forderungen finden sich die Einrichtung von Angeboten zur Früherkennung von Belastungen für die Betroffenen selbst sowie deren Erziehungsberechtigte und Lehr-/Betreuungspersonen, der Ausbau des Schulsupportpersonals sowie eine Implementierung des Themas "psychische Gesundheit" in Lehr- und Unterrichtspläne.

» Zum vollständigen Text des Jugendvolksbegehrens

Bedingungsloses Grundeinkommen umsetzen

Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens ist nicht neu – und in Österreich hat es dazu auch 2019 bereits ein Volksbegehren gegeben. Mit knapp 70.000 Stimmen hat es für die damalige Initiative nicht zur verbindlichen Behandlung im Parlement gereicht. Nun wird die Forderung mit dem aktuellen Volksbegehren zum bedingungslosen Grundeinkommen neuerlich aufgegriffen. 

Beim bedingungslosen Grundeinkommen handelt es sich um staatliche Zahlungen an alle Bürgerinnen und Bürger in einer bestimmten Höhe, die keiner Gegenleistung wie Arbeit bedürfen – eben bedingungslos sind – und damit der existenziellen Grundsicherung dienen soll. Das bedingungslose Grundeinkommen soll seinen Bezieherinnen und Beziehern bezahlte und unbezahlte Tätigkeiten ermöglichen, Erholungszeiten sichern und den Sozialstaat ergänzen.

» Das Volksbegehren zum bedingungslosen Grundeinkommen im Detail

Stoppt Lebendtier-Transportqual

3,8 Millionen Tiere sind jeden Tag auf europäischen Straßen in Tiertransportern unterwegs – so geht es aus entsprechenden Erhebungen von Tierschutzorganisationen hervor. Pro Jahr sind das 1,4 Milliarden Tiere, die auf zum Teil stunden- bis tagelangen Fahrten unter verheerenden Bedingungen von Spanien nach Italien oder von Österreich in die Türkei transportiert werden. Laut EU-Gesetz dürfen Rinder, Schafe und Ziegen bis zu 30 Stunden ohne Ruhepause in Lebendtransportern verbringen, bei Schweinen sind es 24 Stunden.

Das Volksbegehren fordert unter anderem ein Verbot der Lebendtiertransporte von Schlachtvieh in Europa sowie eine verpflichtende Schlachtung der Tiere am nächstgelegen Schlachthof.

» Das Lebendtiertransport-Volksbegehren im genauen Wortlaut

Weiterführende Links:

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