Geschichte vom Ortsteil Stadlau

Informationen zur Geschichte von Wien-Stadlau, dem heutigen Stadtteil Wiens, der sich im 22. Bezirk Donaustadt befindet und Bemerkenswertes zu erzählen hat.

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Chronik von Wien-Stadlau

Einstmals ein Dörfchen auf einer Landzunge am linken Donauufer, wird Stadlau bereits 1150 als "stadelouve" (Stadel in der Au) und babenbergischer Besitz genannt. Die dort ansässigen Fischer und Bauern waren den Launen des Stromes in besonderem Maße ausgeliefert.

Als eine katastrophale Überschwemmung den Ort völlig zerstörte, baute man ihn 1438 weiter landeinwärts wieder auf. Standort der Kirche, die seit 1160 existiert hatte, wurde aber Kagran. Alle später erfolgten Bitten um eine eigene Dorfkirche wurden fast 500 Jahre lang abgewiesen. Inmitten all der Intervalle von Plagen und Heimsuchungen, welche die Chronik mit dürren Worten vermerkt, ist auch ein glanzvolles gesellschaftliches Ereignis registriert: am 3. Mai 1234 gab der Babenbergerherzog Friedrich II., der Streitbare, seine Schwester Konstanzia dem Markgrafen Heinrich von Meißen zur Frau; ein Baum auf dem Anger, auf dem die Festlichkeiten rund um die Hochzeit stattfanden, soll erst 1882 gefällt worden sein.

Auch über ein weiteres Geschehnis besonderer Art wird berichtet: Am Martinitag 1403 erwartete ein Trupp böhmischer Ritter ihren König Wenzel (Beiname: der Faule), der aus seiner Haft in Wien entkommen war und begleitete ihn auf seiner Flucht nordwärts.

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Eine originelle Form der Preisgestaltung wird den Stadlauer Fischern in einem Marktrecht von 1340 auferlegt: leicht bekleidet "er soll stehen mit plozzem haupt an dem markt, dieweil er fisch feil hat, sunne und regen, summer und winter..."

Die Lage am Fluss brachte dem Ort auch das lukrative Recht der "Urfahr", wie es nur noch Jedlesee hatte, eine Art Monopol des Fährverkehrs nach Wien. Die 10 "behausten Güter" aus denen das Dörfchen bestand, kamen zur Zeit Maria Theresias aus landesfürstlichem Besitz im Tausch gegen die Herrschaft Hetzendorf an den Deutschen Orden.

Das nächste bemerkenswerte Ereignis nach den bereits an anderen Stellen zitierten Übeln aller Art ist die ziemlich plötzlich hereinbrechende Industrialisierung, die den winzigen Ort nach der Donauregulierung sprunghaft an Bedeutung und Bevölkerung gewinnen ließ. Mit dem Bau der Ostbahnbrücke entstand auch der Bahnknotenpunkt Stadlau, von dem aus die Linien nach Mähren und Ungarn führten. Betriebe der Stahl-, Elektro-, Lebensmittel und chemischen Industrie wurden hier heimisch, ebenso die Masse an Zuwanderern aus böhmischen und mährischen Gebieten. Existierten 1833 erst 13 Häuser und eine eigene Schule, so gab es 1890 70 Häuser mit 1778 Bewohnern, 10 Jahre später gar 138 Häuser und 3168 Einwohner.

Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Schulverhältnissen wider: 1872 gründete man die heute noch bestehende Volksschule, zunächst ein-, dann zweiklassig; 1880 drängten sich beispielsweise in der ersten Klasse mehr als 100 Kinder! Natürlich wurde das Schulhaus in der Folgezeit aufgestockt, erweitert. Endpunkt dieser Entwicklung war, dass im Schuljahr 1935/361 als der Chronist nebst 36 Mitschülern in einer Klasse saß, die Stadlauer Volksschule mit 18 Klassen und 646 Schülern die größte Volksschule Wiens war.

Von der Urbanisierung unberührt blieben noch bis in die ersten Nachkriegsjahre die Aulandschaft, die fast bis an den Ortsrand reichte, die Wildnis des Überschwemmungsgebiets, die "Klosterschanzen", schon um die Jahrhundertwende ein geschätztes Naherholungsgebiet. Gegenwärtig wird dieses Areal intensiv bebaut (Donauspital, Wohnsiedlungen unterschiedlichster Typen, Pensionistenheim, Schulen,...), die letzten Aubäume sind bereits leicht zu zählen.

Text + Bilder: Gerhard Frey

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Mondrian

21. Juli 2020 - 13:48 Uhr

Ich vermisse einen Hinweis auf das NS-Arbeitslager Stadlau, in dem vor allem ungarische Zwangsarbeiter warene, die für Waagner-Birau arbeiteten. Die Unterbringung erfolgte offenbar zeitweise auf einem damaligen Sportplatzgelände.

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