Zu Besuch im österreichischen Parlament in Wien

Parlament

Das Parlament beeindruckt Touristen, Architekten und Politiker gleichermaßen. In diesem Überblick erfahren Sie Infos zu Besuch, Gebäude und Aufgaben des österreichischen Parlaments.

Das Parlament in Wien
Anzeige

Für einen reibungslosen Besuch gibt es hier alles Wissenswerte über das Geschehen im und um das Parlament vorab.

Parlament besuchen

Wer das Parlamentsgebäude zunächst von außen bestaunen möchte, fährt am besten mit der Straßenbahn (Linie D, 1, 2, 46, 49, 71 oder Autobuslinie 48A) zum Dr.-Karl-Renner-Ring 3.

Mit der Wiedereröffnung des Parlamentsgebäudes im Jänner 2023 nach der Generalsanierung wurden neue Zutrittsregeln für Besucher eingeführt. Wer einen Blick hinter die eindrucksvollen Fassaden werfen möchte, muss sich vorab namentlich registrieren. Nach der Anmeldung erhalten Sie einen QR-Code zugeschickt, den Sie beim Zutritt in das Gebäude vorweisen, ebenso wie einen Lichtbildausweis.

Tipp: Besucher sollten etwas Zeit für Sicherheitskontrollen einrechnen. Sperrige Gegenstände wie Gepäck oder Schirme müssen an der Garderobe abgegeben werden.

Neues Besucherzentrum: Demokratikum – Erlebnis Parlament

Im neu eingerichteten Demokratikum – Erlebnis Parlament bekommen Besucher an zahlreichen interaktiven und multimedialen Stationen alles Wichtige zu Demokratie und Parlamentarismus in Österreich vermittelt. Interessierte aller Altersgruppen werden mit interaktiven Spielen, animierten Erklärvideos, Quizzen und mehr zum spielerischen Lernen und Mitmachen eingeladen. 

Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene von acht bis 19 Jahren können darüber hinaus an Demokratiewerkstätten des Parlaments zu den Themen Demokratie, Par­la­men­ta­ris­mus und Verfassung teilnehmen. 

Kostenlose Führungen im Parlament

Wissenswertes rund um den parlamentarischen Prozess und die Arbeit der Politiker sowie zur Geschichte und Architektur des historischen Gebäudes erfahren Interessierte im Rahmen von kostenlosen Führungen durch das Hohe Haus. Das Führungsangebot für Einzelpersonen und Gruppen deckt verschiedene Themenschwerpunkte ab, u. a. 

  • Architekturführungen im Parlament und im Palais Epstein
  • Führungen für Familien mit Kindern von fünf bis acht Jahren
  • Kunstführungen zu den Kunstinstallationen im Hohen Haus
  • Bibliotheks- und Archivführungen
  • Führungen zum Thema "Parlamentarismus und Frauen" 
  • verschiedene barrierefreie Führungsangebote

Hinweis: Bei der Buchung der Führung erhalten Sie einen QR-Code für den Zutritt zum Parlament. 

Kontakt Besucherservice:
Tel.: +43 1 401 10-2400
E-Mail: [email protected]
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 9:00 - 15:00 Uhr

Architektur: Bau und Gestaltung des Gebäudes

Allein der imposante Vorplatz ist schon einen Besuch wert. Denn bereits von der Ringstraße aus zieht eine eindrucksvolle Statue die Blicke der Passanten auf sich: Mit einer Höhe von 5,5 Metern ragt die Göttin der Weisheit, namens Pallas Athene, aus dem zentralen Brunnen. Im Wasser zu ihren Füßen treffen sich die Flüsse Inn und Donau sinnbildlich als Mann und Frau.

Schon gewusst? Weil die Figur der Göttin Pallas Athene mit dem Rücken zum Gebäude steht, spottet der Wiener Volksmund gern über die Abkehr der Göttin der Weisheit vom Parlament.

In dieser Galerie: 4 Bilder
Das Wiener Parlament
© Curt Themessl | Das Parlament auf der Ringstraße
Ein weißer Stiegenaufgang mit Statuen
© Curt Themessl | Der Stiegenaufgang ist mit Statuen geschmückt
Ein dunkelroter Raum mit Säulen
© Curt Themessl | Die Säulenhalle
Ein dunkelroter Raum mit Säulen
© Curt Themessl | Die Säulenhalle

Zum Gebäudeeingang hin führt eine Rampe, auf der sich weitere Statuen aneinanderreihen: Nach dem Abbild antiker Philosophen stehen links vier Griechen, rechts vier Römer – und halten so die Wiege der Demokratie im Gleichgewicht. Diese Figuren spiegeln den griechisch-römischen Baustil wider, der das 1884 fertiggestellte Gebäude auch im Inneren maßgeblich prägt. Entsprechende Entwürfe stammen vom renommierten Architekten Theophil von Hansen, der zuvor das Konzerthaus des Wiener Musikvereins und die Wiener Börse errichtete.

Anzeige

Die sanierten Räumlichkeiten des Parlaments

Die prunkvolle Architektur im Inneren hält, was das Äußere verspricht. Besonders, seit das historische Parlamentsgebäude nach jahrelanger, umfassender Generalsanierung in neuem (alten) Glanz erstrahlt. Über fünf Jahre lang wurde das geschichtsträchtige Bauwerk vom Keller bis zum Dach saniert und technisch modernisiert. Der Umbau stand ganz im Zeichen der Erhaltung der originalen Bausubstanz und soll Altes mit Neuem verbinden. Bei der Sanierung wurden die ursprünglichen architektonischen Konzepte aufgegriffen und durch bauliche Elemente der Gegenwart ergänzt. 

Eines der architektonischen Highlights ist das neue Glasdach über dem Nationalratssitzungssaal, das tagsüber eine natürliche Beleuchtung ermöglicht. Mit der Erschließung des Dachbereichs sowie die Gestaltung des Demokratikums – Erlebnis Parlament wurden weitere moderne Akzente gesetzt, die der österreichischen Demokratie einen zeitgemäßen Raum bieten. 

Tipp: Im Dachgeschoss des Parlaments können sich hungrige Besucher im Restaurant Kelsen kulinarisch verwöhnen lassen. 

Das Ergebnis der Sanierung kann sich sehen lassen: Das Zusammenspiel aus originaler Architektur und modernen Elementen verleihen dem Herzen der österreichischen Demokratie einen einzigartigen Charakter. 

► Lust, das wiedereröffnete Baujuwel am Ring zu besichtigen? Bei einer Architekturführung erfahren Sie interessante Fakten zur Architektur, Geschichte und Sanierung des Hohen Hauses. Erkunden Sie die prachtvolle Säulenhalle mit den imposanten Marmorsäulen, den modernisierten Nationalratssitzungssaal und werfen Sie einen Blick in den historische Sitzungssaal mit der reich verzierten, handbemalten Glasdecke. 

Sitzungen und Livestream online

In Demokratien wird Teilnahme bekanntlich großgeschrieben. Deshalb stehen Plenarsitzungen grundsätzlich allen offen, die Politik hautnah erleben wollen. Wer das politische Geschehen lieber von zuhause aus mitverfolgen möchte, dem steht ein Livestream der Parlamentssitzungen auf der Homepage zur Verfügung. Zusätzlich gibt es Statistiken auf Abruf – und zwar bis zum Beginn der Ersten Republik 1918.

Beispiel gefällig? Im Jahr 1919 saßen erstmals 8 Frauen im Nationalrat, 2019 waren es schon 72. Damit stieg der Frauenanteil in 100 Jahren von 5 auf knapp 39 Prozent an.

» Hier geht's zur Mediathek
» Das Parlament in Zahlen

Europäisches Parlament Wien

So mancher Besucher fand sich vielleicht schon beim falschen Gebäude wieder. Denn rein namentlich ist das österreichische Parlament in Wien leicht zu verwechseln mit dem Europäischen Parlament Wien. Letzteres stellt ein Verbindungsbüro zum EU-Parlament in Brüssel dar und dient als Anlaufstelle für Bürger und Medien vor Ort. Aber keine Sorge – im Fall der Fälle liegen zwischen den beiden Gebäuden nur wenige Stationen mit der Straßenbahn.

» weitere Infos zum Verbindungsbüro

Österreichisches Parlament: Zusammensetzung

Im sogenannten Plenarsaal schlägt das Herz des Parlamentswesens, wenn man so will. Doch im Gegensatz zum anatomischen Organ besteht das politische aus lediglich zwei "Kammern".

Zwei Kammern: Nationalrat und Bundesrat

Das österreichische Parlament teilt sich in die beiden Kammern Nationalrat und Bundesrat. Allerdings ist im Volksmund mit "Parlament" oft nur der Nationalrat gemeint. Diese repräsentative Volksvertretung besteht aus 183 Abgeordneten und wird alle fünf Jahre von der Bevölkerung direkt gewählt. Im Nationalrat debattieren die Politiker ihre Positionen und beschließen dann Gesetze.

Bei Entscheidungen des Nationalrats kann der Bundesrat ein Veto einlegen, meist aber nur mit aufschiebender Wirkung. Er vertritt dabei die Interessen der neun Bundesländer und wird deshalb auch "Länderkammer" genannt. Seine 61 Mitglieder lässt der Bundesrat von den entsprechenden Landtagen auswählen. Weil die einzelnen Landtagswahlen aber zu unterschiedlichen Zeiten stattfinden, gibt es hier keine fixe Gesetzgebungsperiode.

Anzeige

Schon gewusst? Die Anzahl der Bundesräte hängt von der Einwohnerzahl der Bundesländer ab – sie kann sich also nach jeder Volkszählung wieder ändern.

Verhältniswahlrecht vs. Mehrheitswahlrecht

Wie die Plätze der Abgeordneten auf die Parteien ausfallen, kommt auf das Wahlsystem an. In Österreich gilt das Verhältniswahlrecht: Dabei teilen die Parteien die Anzahl der Sitze im Verhältnis ihrer Wählerstimmen unter sich auf. So bekommen mehr Kleinparteien die Chance auf Mitsprache im Parlament. Im Gegensatz dazu begünstigt das Mehrheitswahlrecht ein Zweiparteiensystem, wie etwa in Großbritannien oder in den USA.

Die Sitze im Parlament nennt man auch "Mandate", die Abgeordneten dementsprechend "Mandatare".

Politik der Sitzkonstellation: "links" vs. "rechts"

Wer sich fragt, woher eigentlich die Einteilung in "linke" und "rechte" Politik kommt, muss sich die parlamentarische Sitzordnung genauer ansehen. Daran lassen sich Tendenzen früherer Weltanschauungen erkennen: Während der Revolutionszeit nahmen am rechten Rand des Plenarsaals eher die konservativen, links die revolutionären Parteien Platz. Demnach saß der Drang nach Veränderung den Verfechtern alter Traditionen gegenüber. Noch heute werden solche Neigungen in die Sitzordnung interpretiert, obwohl sich die politischen Lager seither stark veränderten.

» Wer sitzt wo? Hier geht's zum aktuellen Sitzplan der Parteien.

Übrigens: Die Bundesregierung hat ihren Sitz im Bundeskanzleramt. Sie kann zwar Gesetze im Parlament vorschlagen, darf aber nicht an der Abstimmung teilnehmen.

Aufgaben des Parlaments

Die Aufgaben der beiden Kammern des Parlaments sind in der Verfassung festgelegt und umfassen:

  • Gesetzgebung: Gesetzesentwürfe initiieren, beraten und beschließen 
  • Kontrolle: Arbeit der Bundesregierung kontrollieren 
  • Mitwirkung an EU-Vorhaben
  • Mitwirkung an der Vollziehung 

Wirklich lebendig wird das Wesen des Parlaments erst durch die Menschen, die es belebt. Wer sich seine Aufgaben zu Herzen nimmt, kann bei hitzigen Debatten durchaus etwas lauter werden.

Was bedeutet "Parlament"?

Parlament kommt vom französischen Wort "parler" für "sprechen". Damit unterstreicht der Name die zentrale Aufgabe des öffentlichen Diskurses im Parlament. Dessen klassische Plattform stellt der Nationalrat dar, denn dort wird diskutiert – und manchmal auch geschimpft. Das kann den sonst adrett wirkenden Anzugträgern schon mal eine Abmahnung einbringen.

Gesetzesbeschlüsse: Einfache Mehrheit vs. Zweidrittelmehrheit

Eine weitere essentielle Aufgabe des Parlaments ist die Gesetzgebung. Und dafür braucht es Abstimmungen. Im Nationalrat genügt für die meisten Gesetzesbeschlüsse eine einfache Mehrheit. Bei vollständiger Anwesenheit sind das 92 von 183 Stimmen. Dafür muss aber nur ein Drittel der Abgeordneten tatsächlich vor Ort sein. Theoretisch genügen also 31 Stimmen für einen Gesetzesbeschluss.

Für die Änderung eines Verfassungsgesetzes braucht es immerhin eine Zweidrittelmehrheit bei halber Anwesenheit – also 61 Stimmen. In der Vergangenheit beschloss der Nationalrat viele Gesetze als Verfassungsgesetze, weil das die Wiederaufhebung nach einem Regierungswechsel erschwert.

Übrigens: Geht es um die Änderung von Grundprinzipien der Verfassung, muss im Anschluss sogar eine Volksabstimmung stattfinden, wie etwa bei Grund- und Menschenrechten.

Anzeige

Politische Kontrolle: Misstrauensvotum

Neben der Gesetzgebung zählt auch die Kontrolle der Regierung zu den Aufgaben des Parlaments. Das schärfste Mittel dafür stellt das Misstrauensvotum dar. Am 27. Mai 2019 kam es erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik zu einem erfolgreichen Antrag. Infolgedessen entzog das Parlament der gesamten Bundesregierung unter Kanzler Sebastian Kurz das Vertrauen. Das Misstrauensvotum kann aber auch nur einzelne Regierungsmitglieder betreffen und bedarf einer einfachen Mehrheit im Nationalrat.

Video: Parlament – Was ist das?

Ja, die Vorgänge hinter den Säulen der Demokratie sind nicht ganz unkompliziert. Trotzdem bietet ein Besuch im Parlament viel Sehenswertes abseits trockener Politik. Wem aber die Zeit für eine Führung durch die Marmorhallen fehlt, kann Richtung Innenstadt zumindest einen Zwischenstopp am eindrucksvollen Vorplatz einlegen. Denn auch auf eigene Faust lässt sich dort einiges entdecken.

Anzeige

Diese Geschichte teilen!


Hinterlassen Sie einen Kommentar!

weitere interessante Beiträge