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Interview mit Prof. Gunter Damisch

Interview mit Prof. Gunter Damisch Künstler - Professor an der Akademie der Bildenden Künste, Wien.

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Stadt Wien.at:  Herr Professor Damisch, was waren die bisher wichtigsten Stationen in Ihrer Laufbahn?

G. Damisch: Wenn ich bestimmte Punkte besonders hervorheben soll wäre das nicht so einfach, denn die späten 70er, 80er Jahre, zu Ende meiner Jugend waren generell eine befruchtende Zeit. Die Ausstellung im Wiener 20er Haus „Hacken im Eis“ in den 80ern (gemeinsam mit Herbert Brandl, Otto Zitko, Hubert Scheibl, Josef Dammer) war sicher eine wesentliche Station. Damals, Mitte der 80er haben wir damit eine Form der Malerei gezeigt, die aus der Neuen Wilden Malerei der frühen 80er herausgewachsen ist. Diese Ausstellung machte diese Entwicklung sichtbar und brachte uns eine große Öffentlichkeit die uns auch eine internationale Positionierung ermöglichte. Im Anschluss kam es zu einer Weiterentwicklung – hin zu den neuen Skulpturen und ich hatte in der Folge auch mehreren wichtige Einzelausstellungen in Deutschland. In der letzten Zeit wäre die Ausstellung im Wiener MuMok und in vier wichtigen chinesischen Museen zu erwähnen, woran man nicht nur meine sondern auch die Weiterentwicklung unserer zuvor genannten Gruppe in den letzten rd. 20 Jahren erkennen konnte.

Stadt Wien.at:  Sie zählten ja zu den „Neuen Wilden“ – wie kam es zu diesem Begriff?

G. Damisch: Solche Begriffe sind meist nur Schall und Rauch, im 20. Jahrhundert gab’s ja oft „neue Wilde“. Immer wenn neue Generationen etwas  Kräftigeres, Deftigeres, Zupackenderes oder einfach nur Dynamischeres bringen sucht man nach einem Namen um das zu beschreiben. Die 70er Jahre waren eine Zeit großer politischer Diskussionen und theoretischer Schwerpunkte in der bildenden Kunst, da war das Wilde eine willkommene Abwechslung, das sich auch in der Musik durch Punk und New Wave äußerte – auch das war eine wichtige Entwicklung, weg vom Virtuosentum hin zu einer Direktheit und energetischen Aufladung. Etwas was neue Generationen immer wieder schaffen wollen und müssen.
 

Stadt Wien.at: Wie gehen Sie mit Kritik um, d.h. wie stehen Sie zur Kunstkritik, wer ist berechtigt Kunstkritik zu üben?

G. Damisch: Jeder der sich mit dem Thema befasst übt auch Kritik. Kritik ist ein kein grundsätzlich böser Vorgang, nicht nur auf Kunst bezogen. Alles was man vertiefend wahrnimmt führt dazu dass man es auch differenzierter wahrnimmt und das wiederum führt dazu dass man auch belastende, weniger gelungene Seiten benennt und damit kritisiert. Als Künstler versuche ich mich nicht gänzlich von einer Außenwahrnehmung leiten zu lassen, sondern das was ich mache aus einer gut überlegten, ehrlichen und stimmigen Situation und Entwicklung heraus zu machen. Natürlich ist es hilfreich mit g’scheiten Leuten reden zu können und zu reflektieren was einem gelingt oder nicht gelingt. Ich habe mit Kritik kein Problem und im Zweifelsfall ist jemand der mir ehrlich seine kritische Meinung sagt spannender als abgegriffene, oberflächliche Society-Statements, bei denen Kunst nur als Event gehandhabt wird, ohne dass die Person wirklich an der Kunst selber interessiert wäre.

Stadt Wien.at: … und wie ist das Feedback der Kunst-Betrachtenden, abgesehen von den Kritikern?

G. Damisch: Ich bin zwar nicht dauern auf der Suche nach Feedback, aber da ich schon lange in dem Genre tätig bin hab‘ ich natürlich schon die unterschiedlichsten Reaktionen erlebt. Ich kann mit einem gewissen Selbstbewusstsein und Freude zur Kenntnis nehmen, dass meine Arbeit nicht auf totale Ablehnung stößt, sondern dass sich Menschen – und auch Institutionen - dafür interessieren, dafür Geld ausgeben und auch wenn sie schon länger Arbeiten von mir haben sich immer noch gerne damit umgeben. Aber ich nehme mich auch nicht als Mittelpunkt wahr, da es unzählige junge, gute Künstler gibt

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Stadt Wien.at:  Sie sind ja auch Professor an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Wie sehr beeinflusst der lehrende Bereich auch Ihre eigenen Arbeiten und vice-versa?

G. Damisch: Ich begann unter den Vorzeichen, dass mir mein Lehrer und Vorgänger Maximilian Melcher (Grafikklasse) sagte „Wenns’t Professor wirst kannst die eigenen Arbeiten vergessen“ und ich antwortete „Na sicher ned!“. Es war so was wie ein provozierender Schuss vor den Bug. Ich habe immer versucht mich und meine Arbeit weiter zu entwickeln und als Künstler ebenso aktiv zu bleiben wie als Professor, wo ich für meine Studenten regelmäßig da bin und meinen Job ernst nehme, versuche aber nicht meine Arbeiten als Vorbild hinzustellen und stilistisch einschränkende Vorgaben zu machen. Ich unterstütze die Studenten lieber dabei ihren Weg zu finden und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was Kunst kann. Daneben bleibe ich auch als Künstler konsequent und bekomme als solcher auch Impulse von diesen Inhalten und Phänomenen mit denen ich es als Professor zu tun habe.  Aber das hat keinen übermächtigen Einfluss auf meine Arbeiten - es ist nicht so, dass ich da irgendetwas Tolles bei einem Studenten sehe das ich dann auch gleich ausprobiere, sondern der ganz normale Zugang den ein Künstler zu den Werken anderer hat. Man kann sich mit ihnen auseinandersetzen, muss jedoch letztlich seine eigene Arbeit weiter entwickeln.
 

Stadt Wien.at: Sie sind nicht nur Professor, Maler, Grafiker und Bildhauer, sondern auch Erzähler. Worüber erzählen sie gerne?

G. Damisch: Es wundert mich als Erzähler bezeichnet zu werden, da ich meine Geschichten nicht wie ein Schriftsteller zu Papier bringe. Die Bezeichnung ist aber nicht ganz falsch, da ich mich einerseits immer schon mit Sprache und Literatur beschäftigt habe (ich bin auch froh darüber Germanistik studiert zu haben) und auch das Gespräch, die verbale Auseinandersetzung mit Kunst an einer Universität ein wichtiger Aspekt ist. Indem ich erzähle weise ich auf die Dinge hin, die mich begeistern, auf relevante KünstlerInnen und ihre Arbeiten, wobei ich dazu neige euphorisch zu werden. Das ist mir aber durchaus recht, haben die Leute denen etwas geboten wird doch das Anrecht darauf es von jemandem zu bekommen, den das Thema wirklich interessiert und berührt.

Stadt Wien.at: Wenn sie in der österreichischen Kunstszene etwas verändern könnten, was wäre das?

Prof. G. Damisch: Mir geht’s eigentlich weniger um’s Verändern, weil wir in Österreich eine recht dichte, spannende und auch international gut aufgestellte Situation für die Kunstszene haben. Als Lehrender an einer Kunstakademie bin ich mit dem Problem konfrontiert, dass die Studierenden, die vielen begabten jungen Menschen ein Gegenüber brauchen. Das ist nicht leichter geworden. Ich würde daher etwas Ergänzendes auf den Weg bringen: Orte, Räume wo die jungen Künstler selber Formen entwickeln können und die Möglichkeit haben ihre Arbeiten ihren Vorstellungen entsprechend zu präsentieren. Hier sollte es verstärkt Möglichkeiten geben und auf ein Klima hinarbeiten wo die Menschen insbesondere die Werke junger Künstler kaufen, weil es bei der – durchaus positiven - Entwicklung hin zum Internationalismus doch so scheint, als wäre es ein Wettbewerb um Hippness und tolle Namen. Dieser Showcharakter hat zwar immer schon eine gewisse Rolle in der Kunstszene gespielt, aber wenn zu neureich agiert wird, übersieht man leicht was direkt um einem herum gefunden werden kann - auch außerhalb von Institutionen und Galerien. Daher mein Wunsch dass sich die Formen der Präsentationsmöglichkeiten und des Informationstransfers substantiell weiterentwickeln und junge Künstler im Zuge ihrer Entwicklung möglichst nicht nebenbei auch noch arbeiten gehen müssen.
 
Stadt Wien.at:  Gibt’s dazu eine konkrete Vorstellung wie das aussehen soll?

G. Damisch: Das hängt schon damit zusammen, dass man darauf achtet, dass das wo Kunst auftritt einem gewissen Niveau entspricht und es auch Jungen offen steht. Ich kenne hier einige grausige Beispiele, wo das absolut nicht der Fall ist. In manchen Fällen muss man die KünstlerInnen sogar warnen an etwas teilzunehmen, weil es ihnen eher schadet und das Umfeld es gar nicht erlaubt den Zugang zur Kunst und ein großes Publikum sinnvoll zu verbinden.
Stadt Wien.at: Haben Sie für die jungen Künstler einen Ratschlag?
G. Damisch: Ohne mich als Ratgeber betätigen zu wollen, ist es eine schwere Aufgabe KünstlerIn zu werden, sich entwickeln und dafür auch die richtige Unterstützung zu finden. Mein Rat ist es dann auch, es nicht nur alleine zu versuchen sondern sich umzusehen wo Menschen oder Institutionen mit ähnlichen Interessen sind um aus der Atelier-Isolation hinaus zu kommen und nach Austausch - und auch Kritik, die unterstützend und befruchtend sein kann - zu suchen.

Stadt Wien.at:  Danke für das Interview
Interview Ralf Ehrgott

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Esther

03. Februar 2016 - 20:20 Uhr

Prof. Gunter Damisch ist nicht nur Prof. für seine Studierenden, er ist für Vielen auch als Vater Figur! Weniger oder kaum andere Prof. Berühmte Künstlern Bemühung sie so wie Herr Damisch! mit grosse Unterstützung und Begeisterung für junge KünstlerInnen ,,Danke

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