Erbrecht Neu: Änderungen Erbe Pflichtteil, neue Erbfolge und Testament

Waage auf Tisch mit Hammer
© Billion Photos - shutterstock.com | Das neue Erbrecht trat mit 1. Jänner 2017 in Kraft.

Die Neuerungen im österreichischen Erbrecht. Das Erbrecht umfasst nicht nur die rechtlichen Aspekte nach dem Ableben eines Menschen, es greift bereits im Vorfeld bei der Verfassung des Testaments.

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Als ob es nicht schon belastend genug wäre, wenn ein geliebter Mensch von uns geht, nein, man muss sich in so einem Fall natürlich um allerhand bürokratische und erbrechtliche Fragen kümmern und das am besten zum Wohlwollen aller Hinterbliebenen und natürlich dem letzten Willen des Verstorbenen entsprechen.

Testamente, die bis Ende 2016 gültig gemacht wurden, sind von der Novellierung ausgeschlossen.

Erbrecht Pflichtanteil Neu

Das Recht auf einen gesetzlich festgelegten Pflichtteil des Nachlasses, steht seit Anfang 2017 nur mehr dem Ehepartner oder eingetragenen PartnerInnen sowie den Nachkommen des Verstorbenen zu. Vorfahren wie Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern haben keinen Anspruch auf einen Pflichtteil.

Lebensgefährten sind nicht pflichtteilsberechtigt. Falls keine gesetzlichen Erben existieren, kann ein außerordentliches Erbrecht in Kraft treten, damit die Erbschaft nicht automatisch an den Staat fällt. In diesem Fall muss aber eine Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt über die letzten drei Jahre vor dem Tod aufrecht bestanden haben und auch zum Zeitpunkt des Todes aktuell gewesen sein.

Hat der Verstorbene den Ausschluss von erbberechtigten Personen aus der Erbfolge in seinem Testament veranlasst oder sie generell nicht berücksichtigt, haben die enterbten Hinterbliebenen laut Gesetz Pflichtteilsansprüche, die von den testamentarisch festgelegten Erben durch eine Geldleistung erbracht werden muss. Dieser Pflichtteil beläuft sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils aus und ist ab dem Tod fällig. Einfordern können die Pflichtteilträger den Betrag aber erst nach einem Jahr.

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Pflichtteil inkludiert Schenkungen

Hat der Pflichtteilsberechtigte zu Lebzeiten des Erblassers größere Schenkungen erhalten, werden diese bei der Berechnung des Pflichtteils miteinbezogen. Der Wert der Schenkungen richtet sich nach dem Wert zum Zeitpunkt der Schenkung.

Erbrecht Neu: Stundung oder Ratenzahlung

Aus speziell berücksichtigungswürdigen Gründen wie beispielsweise unbillige Härte, kann das Gericht eine Stundung oder Ratenzahlung auf Antrag eines Pflichtteilsschuldners bewilligen. Der Pflichtteil kann so binnen fünf bis maximal 10 Jahren nach der Fälligkeit entrichtet werden. Ein Grund für einen solchen Antrag kann vorliegen, wenn das eigene Unternehmen durch eine sofortige Zahlung gefährdet wäre.

Eine vorzeitige Auszahlung kann beispielsweise dann verlangt werden, wenn der Pflichtteil zur Existenzsicherung des Pflichtteilsberechtigten notwendig ist. Diese Regelung soll einen durch die Zahlung von Pflichtteilsansprüchen drohenden Ruin von Familienunternehmen verhindern und so Arbeitsplätze schützen. Ab dem Todestag wird der Pflichtteil mit einem gesetzliche Zinssatz von 4% Zinsen pro Jahr belegt.

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Pflegevermächtnis Neu

Pflegende Angehörige, die den Verstorbenen innerhalb der letzten drei Jahren vor seinem Tod über ein geringfügiges Ausmaß hinaus (für mindestens 20 Stunde pro Woche und mindestens sechs Monate lang) gepflegt haben, steht ein gesetzliches Vermächtnis zu, wenn kein spezifisches Entgelt vereinbart wurde. Die Höhe des Vermächtnisses richtet sich nach Art, Dauer und Umfang der Leistungen und wird vom Gericht festgestellt. Das Vermächtnis wird durch einen Pflichtteil nicht ausgeschlossen. Das Pflegevermächtnis gilt nicht für Nachbarn oder außen stehende Personen, sondern betrifft einen festgelegten Personenkreis.

Testamentserrichtung und Kosten

Damit ein Testament besser vor Fälschungen geschützt ist, beinhaltet die Erbrechtsreform auch in der Testamentsverfassung eine Gesetzesnovelle. Wird ein Testament nicht vollständig handschriftlich verfasst, müssen die Formvorschriften beim fremdhändigen Testament, beispielsweise mit dem Computer verfasst, eingehalten werden. Ein am Computer verfasstes Testament ist nur gültig, wenn eine „eigenhändige Bekräftigung“ vorliegt. Der Testator muss unterschreiben und zusätzlich eine schriftliche Bekräftigung hinzufügen, es jedoch nicht zwingend von einem Notar beglaubigen lassen. Beispiele hierfür wären:

“In diesem Testament ist mein letzter Willen festgehalten.‘“
“Dieses Dokument enthält meinen letzten Willen.”
“Diese Urkunde bezeugt meinen letzten Willen.”

Die Kosten einer Testamentserrichtungen belaufen sich je nach Notar zwischen etwa 200 bis 300 €, eine laufende Gebühr für die Hinterlegung des Testaments beim Notar gibt es nicht. Die Kosten für die Hinterlegung eines, wie oben beschriebenem, selbst verfassten Testaments belaufen sich auf circa 100 €.

Die größte Erbrechtsreform seit 200 Jahren

Das Erbrechts-Änderungsgesetz wurde im August 2015 beschlossen und reformierte erbrechtliche Gesetze, die größtenteils noch aus dem Jahr 1811 stammten, es wurde aktualisiert und veraltete Ausdrucksweisen wurden sprachlich angepasst. Vor allem das Pflichtteilsrecht wurde modernisiert. Die Änderungen sind seit 01.01.2017 in Kraft.

Das neue Erbrecht - genau erklärt!

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Brigitte

18. Juni 2021 - 09:40 Uhr

Mein Mann erbt die Hälfte einer Eigentumswohnung in der noch seine Stiefmutter lebt. Ist es rechtens das sie von ihm einen Erbverzichts fordert weil die Wohnung nicht verkauft werden kann?

Alle Kommentare anzeigen

Bram

17. August 2018 - 00:51 Uhr

Ich bin auch gerade dabei mein Testament zu verfassen und finde den Artikel daher sehr interessant und hilfreich. Im Internet habe ich dazu auch noch eine andere interessante Seite gefunden: http://www.britta-nierfeld.de/start/?page_id=128

Katerine

26. September 2017 - 01:19 Uhr

Vielen Dank für die Erklärung. I wusste gar nicht es gab so viel über Erbracht! Ich verstehe besser was ''Pflichtteil inkludiert Schenkungen'' bedeutet! http://www.erbrecht-schelkmann.de/erbrecht/

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